Begegnung und Gespräch mit Jesiden

Apokalyptische Lage der Flüchtlinge im Nordirak und in der Südtürkei


Rohbau als Notunterkunft: Jesidische Flüchtlinge im Nordirak.

„Wir sind nicht hoffnungslos und wollen aktiv werden“, sagt Oberkirchenrätin Barbara Rudolph nach einem Gespräch mit jesidischen Vertretern über die gemeinsame Sorge angesichts der dramatischen Lage für Jesiden und Christen im Nordirak und Nordsyrien.

Die Nachrichten und Bilder aus ihrer Heimat hätten sie zunächst völlig hilflos gemacht, nichts als Trauer ausgelöst, berichtete der Diplom-Ingenieur Aslan Kizilhan beim Gespräch im Düsseldorfer Landeskirchenamt. Der in der „Gemeinschaft Ezidischer Akademiker“ (GEA) engagierte Bielefelder startete dann eine Hilfsaktion, besuchte kürzlich die Region Sengal, war mit zwei weiteren Jesiden aus Deutschland im Nordirak und in der Südosttürkei.

Diese Delegation traf jesidische Flüchtlinge, die in Rohbauten untergekommen waren, ohne Türen, Fenster, sanitäre Anlagen. Nur einzelne der 26.000 Flüchtlinge bekämen private Hilfe. Ein Imam bringt eine Familie in der Moschee unter, nannte Kizilhan ein Beispiel. Weiter sagte er: „Es fehlt an allem: Zelte, Matratzen, Kleidung, Medikamente. Die Hygiene ist katastrophal.“ Und im Winter werden Zelte nicht reichen. Die Lage der Jesiden in Nordirak und auch der in die Südtürkei geflüchteten sei apokalyptisch, so Kizelhan.

Auch kritische Anfragen zum Vorgehen der kurdischen Peschmerga im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) kamen zur Sprache. Gemeinsame Hauptsorge von Rudolph und ihren Gesprächspartnern ist: IS plündert Häuser, verbrennt sie, „damit die Menschen nicht zurückkehren können“, wie Kizilhan sagte.

Humanitäre Hilfe

Er beantwortete Fragen zu den Jesiden in Deutschland. Rund 100.000 Jesiden (oder Eziden oder Yeziden) lebten in Deutschland, bisher ohne eine förmliche Verbindung, nun sei ein gemeinsamer Rat im Entstehen. Die GEA, gerade einmal zwei Jahre alt, verstehe sich als politisch unparteiisch, hatte sich eigentlich andere Aufgaben vorgenommen, vor allem die Erforschung der Geschichte der Jesiden. „Doch nun sind wir in der Pflicht zu handeln“, sagte Diplom-Betriebswirt Halis Erkis aus Kamp-Lintfort, also vor allem humanitäre Hilfe mobilisieren.

Auf Nothilfe sind wir ansprechbar, sicherte die Leiterin der Ökumene-Abteilung im Landeskirchenamt zu. Weil der Nahe Osten auch die Wiege des Christentums ist, werde die Evangelische Kirche im Rheinland in der Hilfe nicht zwischen Jesiden und Christen unterscheiden, beide Religionsgruppen benötigen Schutz, wie sie betont. So wird die rheinische Kirche 5.000 Euro Nothilfe für Jesiden geben.

Diakonie Katastrophenhilfe ist aktiv

Rudolph berichtete auch von Hilfen der Diakonie Katastrophenhilfe in den betroffenen Gebieten. Die Diakonie Katastrophenhilfe ist im Nordirak aktiv und hat von Beginn an auch Jesiden geholfen. Sie versorgt Flüchtlinge in Zusammenarbeit mit der irakischen Organisation Reach.

Seit August wird neben Christen auch die religiöse Minderheit der Jesiden von IS als „Ungläubige“ verfolgt. Der Vormarsch der IS-Terrorgruppe löste eine umfangreiche Fluchtbewegung aus. Inzwischen ist der Kampf weiter eskaliert, werden schwere Kämpfe um die nordsyrische Stadt Kobane gemeldet.

Informationen und Spendenaufruf der Diakonie Katastrophenhilfe Irak

Quelle: ekir.de / neu, Foto: Aslan Kizilhan / 06.10.2014