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Am Mittwoch waren sie noch an der Krippe, die Weisen, Mächtigen und Vornehmen, die Heiligen Drei Könige. Der 6. Januar ist ihr Tag. Sie waren im Stall in Bethlehem, in all ihrer Pracht, wie wir sie auf Bildern ausgemalt kennen und von der noch die kleinsten Sternsinger etwas abbekommen an Kronen, Gold und Glanz. Sie kamen zu dem Kind in der Krippe im Stall in Bethlehem. Und heute ist Jesus plötzlich schon erwachsen. Er kann gehen und sprechen und wird von Johannes dem Täufer im Jordan getauft. Im Evangelium haben wir es gehört.
Das geht alles sehr schnell. Aber es passt zu dem, was ich auch empfinde: Weihnachten ist schon wieder vorbei. Der Glanz in den Straßen verschwindet mit jeder Lichterkette, die wieder in den Karton zurück und in den Keller kommt. Den Weihnachtsbaum holt die Müllabfuhr und vom Gold bleiben nur ein paar Lamettafäden auf dem Bürgersteig zurück. Wir sind wieder angekommen in unserem Alltag. Auch das Kind in uns muss jetzt schnell groß werden. Wir sind schließlich alle erwachsen. Und der Besuch - wenn es überhaupt welchen gegeben hat - der ist längst wieder abgereist, auch die Könige, die „auf einem anderen Weg wieder in ihr Land“ (Mt 2,12) gezogen sind. Zurück bleibt die leere Krippe. Ein bisschen Stroh liegt noch darin, zerdrückt und ohne Glanz. Der Stallboden ist staubig und zertreten. Es riecht nach Schafmist und nach kaltem Rauch.
Vor ein paar Tagen erst waren sie noch an der Krippe, die Weisen, Mächtigen und Vornehmen und haben ein Blick werfen können auf das Kind, den neugeborenen König der Juden. Sie haben sich sehr gewundert über den Stall, die Krippe und das Stroh, auf dem er lag. Das war ganz anders als alles, was man sich unter einem König vorstellen würde. Aber weise, wie sie waren und weil man ja nie wissen kann, was aus einem Kind noch wird und weil schließlich doch ein Stern über dem Stall stand, packten sie ihre Geschenke aus und legten sie an die Krippe: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Ob die Eltern des Kindes, Maria und Josef, das alles wohl mitgenommen haben bei ihrer eiligen Flucht aus Bethlehem kurze Zeit später? Vielleicht haben sie auch bloß ihre Unterkunft damit bezahlt und etwas Reiseproviant dafür bekommen. So wie Menschen auf der Flucht durch alle Zeiten hindurch ihre Schätze für ein Dach über dem Kopf und ein Stück Brot geben mussten. Denn dieses Kind ist ein Flüchtlingskind.
Ein König, geboren in Stroh und Staub, schwach, gering, verachtet, gefährdet. Nach den Maßstäben seiner und auch nach denen unserer Zeit ein Nichts. Doch dieser Mensch wie alle Menschen ist zur gleichen Zeit der König der Könige, Gottes Sohn, Jesus von Nazareth, über dem sich bei seiner Taufe der Himmel auftut. Ich sehe den Staub und ich sehe das Gold. Wir sind auf den Namen Jesu getauft. Und dieser Staub und dieses Gold legen sich auf uns alle.
Seht doch, Brüder und Schwestern, auf eure Berufung. Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme sind berufen. Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt,damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist; und was gering ist vor der Welt und was verachtet ist, das hat Gott erwählt, was nichts ist, damit er zunichtemache, was etwas ist, auf dass sich kein Mensch vor Gott rühme. Durch ihn aber seid ihr in Christus Jesus, der für uns zur Weisheit wurde durch Gott und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung, auf dass gilt, wie geschrieben steht (Jeremia 9,22-23): "Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!"
Gott beruft nicht die Weisen, die Mächtigen und Vornehmen. Der gerade noch amtierende amerikanische Präsident zum Bespiel kann sich einen Turm aus Gold in New York bauen lassen und ein geschmackloses Anwesen in Florida und sogar jetzt, nach den Ereignissen in Washington, damit herumprahlen, dass seine Regierung die beste sei, die Amerika je gehabt habe. Die Dummheit und die Lüge sind schwer zu ertragen. Aber
lehrreich ist das alles trotzdem. Immerhin hat Trump uns beinahe täglich vorgeführt, wie lächerlich es ist, wenn jemand tatsächlich glaubt, Macht bedeute vor allem, Geld und Gold und Glanz zu zeigen und die eigene Größe zu demonstrieren. Wir wissen jetzt schon, dass dies alles falsches Gold und falscher Glanz ist. Es wird nichts bleiben davon.
Seht auf eure Berufung! Ich denke an den Staub und das Gold im Stall von Bethlehem. Und ich höre von Paulus noch einmal ganz unmissverständlich, dass wir als Getaufte, als Christinnen und Christen andere Maßstäbe haben. Gott hat das erwählt, was nach den Maßstäben der Welt töricht, schwach, gering und verachtet ist. Das ist der Stallgeruch, den wir als Christinnen und Christen an uns tragen. Diese Mischung aus Staub und Stroh und Schafmist und kaltem Rauch.
Die heiligen drei Könige haben sich darüber schon gewundert. „Kleinleutegeruch und Sklavenmoral“ hat das ein großer Kritiker des Christentums, Friedrich Nietzsche, einmal genannt. Er hat sich angewidert davon abgewendet. Und er war und er ist weiß Gott nicht der einzige. Jesus Christus, der König aus dem Stall, wird am Kreuz sterben. Er „hatte keine Gewalt und Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte.“ (Jes 53,2). Dieses Ärgernis, die „Torheit des Kreuzes“, wie Paulus sie nennt, ist bis heute in der Welt. Und darum herumreden nützt nichts. Das meint Paulus, als er schreibt: „Wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten, den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit; denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ (1. Kor 1, 23f.)
Wir predigen den Staub, in dem aber das Gold liegt. So wie damals auf dem Boden des Stalles, neben der Krippe. Und dass man im Gottesdienst etwas von Gottes unerklärlicher Vorliebe für die Armen und Schwachen zu hören bekommt, das lässt sich leider nicht vermeiden. Gewaltlosigkeit, Besitzverzicht, Nächsten- und sogar Feindesliebe, das sind die Herausforderungen, vor die uns unser Glaube stellt. Auch die Christinnen und Christen im Übrigen, die ja zum größeren Teil nicht zu den Armen und Schwachen der Gesellschaft gehören. Aber wir wissen, wo wir herkommen, auf wen wir uns berufen. Das stellt auch uns in Frage, immer wieder.
Ich sehe den Staub und das Gold und rieche den Stallgeruch des Christentums. In seinem Leben hat Jesus von Nazareth, das Kind aus dem Stall, das Flüchtlingskind, immer wieder nach all den Törichten, den Schwachen, den Geringen und Verachteten gesucht. Zu denen, die nichts waren nach den Maßstäben ihrer und auch unserer Zeit. Zu den Kindern, den Armen und Kranken, den Verrückten und zweifelhaften Existenzen ist er zuerst gekommen. Nach allem, was wir von ihm wissen, hat er sich bei ihnen wohler gefühlt als bei den Frommen und Rechtschaffenen.
Ich rieche nicht nach Stall und Schafmist. Aber wenn ich als Christin leben will, dann muss mir klar sein, dass zu meinem Glauben trotzdem dieser Stallgeruch gehört. Mein Handeln hat Maßstäbe. Es geht nicht darum, möglichst klug, möglichst mächtig und möglichst vornehm zu sein oder zu werden. Ich darf den Staub nicht vergessen, in dem der Glaube an Jesus Christus geboren wurde. Ich möchte das Gold sehen können, das darin liegt. Weil ich berufen bin und getauft, gehöre ich zu Jesus von Nazareth. Und zu ihm gehört damit auch alles, was an mir töricht und schwach, verrückt und zweifelhaft ist. Ich muss niemanden etwas vormachen, auch nicht mir selbst. Bei Jesus ist das alles gut aufgehoben. Er wird sich davor nicht erschrecken, sondern dem allen freundlich und voller Liebe begegnen. Jesus sieht das Gold auch unter all dem Staub. Und ich muss nichts sein. Weil ich schon etwas bin.
Vor ein paar Tagen noch waren wir an der Krippe. Und heute rühmen wir unseren König aus dem Stall. Er ist bei uns. In Staub und Gold.
Amen.