16 | 31 | 46 | 61 | 73 | 85 | 100 | 115 | |
17 | 32 | 47 | 62 | 74 | 86 | 101 | 116 | |
18 | 33 | 48 | 63 | 75 | 87 | 102 | 117 | |
19 | 34 | 49 | 64 | 76 | 88 | 103 | 118 | |
20 | 35 | 50 | 65 | 77 | 89 | 104 | 119 | |
21 | 36 | 51 | 66 | 78 | 90 | 105 | 120 | |
22 | 37 | 52 | 91 | 106 | 121 | |||
23 | 38 | 53 | 92 | 107 | 122 | |||
24 | 39 | 54 | 93 | 108 | 123 | |||
25 | 40 | 55 | 67 | 79 | 94 | 109 | 124 | |
26 | 41 | 56 | 68 | 80 | 95 | 110 | 125 | |
27 | 42 | 57 | 69 | 81 | 96 | 111 | 126 | |
28 | 43 | 58 | 70 | 82 | 97 | 112 | 127 | |
29 | 44 | 59 | 71 | 83 | 98 | 113 | 128 | |
30 | 45 | 60 | 72 | 84 | 99 | 114 | 129 |
Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
Welche Fragen interessieren Sie? Finden Sie Ihre eigenen Antworten?! Oder stellen Sie Ihre eigenen Fragen?!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?
2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?
3. Woher erkennst du dein Elend?
4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?
5. Kannst du das alles vollkommen halten?
6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?
7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?
8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?
9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?
10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?
11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?
12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?
13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?
14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?
15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?
16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?
17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?
18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?
19. Woher weißt du das?
20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?
21. Was ist wahrer Glaube?
22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?
23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?
24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?
25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?
26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?
27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?
28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?
29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?
30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?
31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?
32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?
33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?
34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?
35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?
36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?
37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?
38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?
39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?
40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?
41. Warum ist er begraben worden?
42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?
43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?
44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?
45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?
46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?
47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?
48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?
49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?
50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?
51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?
52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?
53. Was glaubst du vom heiligen Geist?
54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?
55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?
56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?
57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?
58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?
59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?
60. Wie bist du gerecht vor Gott?
61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?
62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?
63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?
64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?
65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?
66. Was sind Sakramente?
67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?
68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?
69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?
70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?
71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?
72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?
73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?
74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?
75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?
76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?
77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?
78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?
79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?
80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?
81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?
82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?
83. Was ist das Amt der Schlüssel?
84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?
85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?
86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?
87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?
88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?
89. Was heißt Absterben des alten Menschen?
90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?
91. Was sind denn gute Werke?
92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?
93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?
94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?
95. Was ist Götzendienst?
96. Was will Gott im zweiten Gebot?
97. Darf man denn gar kein Bild machen?
98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?
99. Was will Gott im dritten Gebot?
100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?
101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?
102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?
103. Was will Gott im vierten Gebot?
104. Was will Gott im fünften Gebot?
105. Was will Gott im sechsten Gebot?
106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?
107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?
108. Was will Gott im siebenten Gebot?
109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?
110. Was verbietet Gott im achten Gebot?
111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?
112. Was will Gott im neunten Gebot?
113. Was will Gott im zehnten Gebot?
114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?
115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?
116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?
117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?
118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?
119. Wie lautet dieses Gebet
120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?
121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?
122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?
123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?
124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?
125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?
126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?
127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?
128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?
129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?
>>> Was will ich vom (christlichen) Glauben wissen? Fragen haben, Antworten finden.
>>> Fragen haben, Antworten finden – Eine Anregung für die Arbeit in Gruppen, pdf-Datei
>>> Die Fragen des Heidelberger Katechismus als pdf-Datei zum Herunterladen
Frage 1
Predigt von Pastor Thomas Allin, Nordhorn
Liebe Gemeinde,
Veranstaltungsreihen, eine Wanderausstellung, Broschüren und Buchveröffentlichungen, Vorträge und Predigten zum Thema, sogenannte Giveaways, kleine Artikel zum Verschenken, sie alle begleiten das Jubiläum: 450 Jahre Heidelberger Katechismus. Sind 450 Jahre ein Grund zu feiern? Hand aufs Herz: Viele ältere Gemeindeglieder, die damals etliche oder sogar alle Fragen und Antworten auswendig lernen mussten, erinnern sich nicht unbedingt gerne an dieses kleine Büchlein, das die Grundlage des Konfirmandenunterrichtes bildete. Und die Jüngeren werden heute nur noch sporadisch mit Fragen dieses Lehrbuches konfrontiert, das in Sprache und Inhalt fremd und wenig modern wirkt. Ist der HK noch zeitgemäß, lohnt es sich überhaupt, sich mit ihm auseinanderzusetzen? Ich meine ja, denn er enthält Glaubenssätze, die noch immer Bedeutung und Gewicht besitzen, deren Tiefe aber neu entdeckt werden muss.
Ich möchte heute über die wohl prominenteste Frage predigen, die Frage 1, die wie eine Fanfare oder eine feierliche Einleitungsformel den Auftakt zu den insgesamt 129 Fragen und Antworten bildet.
Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?
Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir,
sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.
Er hat mit seinem teuren Blut für alle meine Sünden vollkommen bezahlt
und mich aus aller Gewalt des Teufels erlöst; und er bewahrt mich so,
dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel
kein Haar von meinem Haupt kann fallen
ja, dass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss.
Darum macht er mich auch durch seinen Heiligen Geist
des ewigen Lebens gewiss und von Herzen willig und bereit, ihm forthin zu leben.
Die Antwort sagt alles, was es zu sagen gibt, kurz und knapp und gleich zu Beginn. Das, was folgt, ist lediglich Ausführung dieser Grundlegung: Mein einziger Trost ist, dass ich im Leben und im Sterben zu Jesus Christus gehöre. Eine seltsame Antwort, die sicherlich von den wenigsten Bundesbürgern sinngemäß oder gar mit den Worten des Katechismus so nachgesprochen werden würde. Trost, Kraft, Bestätigung suchen viele durchaus woanders als an der Seite unseres Gottes.
Fragen wir doch einmal einen erfolgreichen Geschäftsmann nach dem, was ihn trägt und tröstet: „Mich motiviert und tröstet der Erfolg, den ich habe. Es tut gut, wenn einen die Leute anerkennen, wenn sie meine Arbeit, mein Durchsetzungsvermögen, meine Phantasie und meine Ausdauer wertschätzen. Etwas geschafft zu haben und weiteres zu schaffen, das zählt für mich, da lohnt sich auch der Aufwand, den ich treibe. Sicherlich, das alles kostet Kraft, Gesundheit und Zeit. Ich selber und meine Familie müssen Opfer bringen, aber dafür geht es uns ja materiell gut. Geld spielt keine große Rolle, es ist genug da. Wenn ich mit ungefähr 60 kürzer trete, dann bleibt ja noch Zeit für Hobbies, Freunde und mehr."
Ich frage ihn: "Was tröstet dich, wenn der Erfolg ausbleibt, wenn die Konkurrenz stärker und besser ist, wenn dein Körper und die Seele vor den hohen Ansprüchen und Anspannungen in die Knie gehen. Was tröstet dich, wenn die Familie dieses Roulettespiel um Erfolg und Glück nicht mehr mitspielen will ?"
Fragen wir doch einmal einen Lebens- und Liebeshungrigen nach dem, was ihn so trägt und tröstet:
"Es streichelt meine Seele, wenn ich bei Frauen gut ankomme. Ich bin nicht verheiratet, weil mir eine Frau gar nicht geben könnte, was ich so brauche, an Zuneigung und Liebe, meine ich. Meine Beziehungen dauern niemals besonders lange. Ich kann es einfach nicht ertragen, wenn Frauen meine ungepflegten Seiten entdecken. Wenn sie ein Auge auf mich werfen, abends in der Diskothek, sie mich anlächeln und zu einem Gespräch bereit sind, dann fühle ich mich stark und bestätigt. Nun, ich muss da schon etwas für mich tun. Kosmetik, feine Klamotten, Sonnenbank und Fitnessstudio gehören für mich zum Standard. Das ist aufwendig, bestimmt, aber wer mag schon einen Allerweltstypen, wie er an jeder Straßenecke zu haben ist."
Ich frage ihn: "Was tröstet dich, wenn dein Typ nicht mehr gefragt ist, wenn deine Fettpolster stärker werden als deine Selbstdisziplin und Bereitschaft, dich zu quälen. Was tröstet dich, wann du alt und gebrechlich wirst und du noch immer hungrig wie ein Wolf auf der Suche nach Liebe bist?"
Liebe Gemeinde, was tröstet, was ist dein einziger Trost, der wahrhaftig trägt und nicht wie ein billiges Parfum zu rasch verfliegt? Viele Versuche, die wir Menschen anstellen, erweisen sich letztlich als trost-los und als wenig tragfähig. Wir sind eben nicht immer so stark und unantastbar, als dass wir in unseren Leben auf unsere Leistungsfähigkeit allein setzen könnten.
Was wahrhaftig tröstet ist die Tatsache, dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre. Das wissen und bekennen jedenfalls reformierte Christen. Wir gehören also nicht uns selbst und damit sind auch unsere Kinder nicht unser Eigentum. Sie gehören zu uns, natürlich, aber sie sind nicht unser Besitz. Das ist eine gute Nachricht für diejenigen Kinder, die ihren Eltern ein Leben lang sinnstiftend zur Seite stehen sollen. Diese Behauptung stellt eine besondere Herausforderung für uns Eltern dar, die wir beauftragt sind, unsere Sprösslinge zu selbstständigen, glücklichen Menschen zu erziehen und sie aus dem Nest zu stoßen.
Die Behauptung, der einzige Trost sei der, der die Beziehung zu Christus spendet, ist, so denke ich, Ausdruck der großartigen Erfahrung, die wir mit Gott machen durften. Hier schwingt etwas von dieser unglaublichen Freude mit, die uns erfüllt, wenn wir begreifen, welchen einzigartigen Freund wir da an unserer Seite haben. Aber auch seine Freundschaft bewahrt uns nicht vor Elend und mühevollen Herausforderungen, keine Freundschaft vermag das. Unser Glaube ist ja auch kein Allheilmittel, das wir wie eine Medizin bei Bedarf drei Mal täglich einnehmen könnten, bis sich der Lebensschmerz verzogen hat. Seine Freundschaft erspart uns nichts, aber sie schenkt uns die innere Kraft, alles, sogar die Erfahrung des Todes, zu bewältigen.
Diese innere Festigkeit und Stärke ist ursprünglich und eigentlich mit Trost gemeint. Das Herkunftswörterbuch bestätigt diesen Ursprung. Gott schenkt uns durch seine Liebe innere Festigkeit, Stärke, die uns hilft, die sich stellenden Herausforderungen anzunehmen und zu bewältigen. Wahrhaftig tröstlich empfinde ich es, wenn ich weiß, dass mich Menschen, Freunde, begleiten, tatsächlich, ganz praktisch oder auch im Gebet. Die größten Lasten werden eben erträglicher, wenn andere mir etwas von dem Schweren abnehmen, wenn ich weiß, dass ich auch im finstersten Tal nicht alleine gelassen bin. Und Gott? Gott ist eben bereit, überallhin mitzugehen. Er macht nicht kehrt, wenn es brenzlig wird oder er besonders gefordert wäre. Darum stirbt er, weil wir Menschen eben sterblich sind.
Mir fällt dabei diese bewegende Geschichte ein, die in der unmenschlichen Zeit des Nationalsozialismus so viel anrührende Mitmenschlichkeit verströmt. Ich meine diese wahre Begebenheit, die sich 1942 im KZ Treblinka ereignete. In diesen Tagen, an denen wir an den Beginn dieser schrecklichen Epoche deutscher Geschichte denken, an die Befreiung des KZs in Auschwitz oder an Stalingrad, erinnere ich gerne an diese Geschichte echter menschlicher Freundschaft. Sie ist mit einem Namen verbunden: Janusz Korczak. Ob sich diese Geschichte genauso zugetragen hat, wie man sie erzählt, das weiß ich nicht. Zeugen waren SS-Männer, er selber und seine Kinder fanden den Tod.
Der polnische Kinderarzt und Leiter eines Waisenhauses tat sowohl im Warschauer Getto als auch in Treblinka alles für die ihm anvertrauten Kinder, um ihnen zu helfen, das Unerträgliche zu ertragen. Seine Freundschaft machte selbst vor der letzten Lebensstation nicht halt, die die Kinder zu bewältigen hatten. Obwohl er nicht auf der Todesliste stand, auf der die zu vergasenden Menschen verzeichnet waren, begleitete er seine Kinder in die Gaskammer. Und Janusz Korczak erzählte, so heißt es, den Kindern, seinen Kindern Geschichten.
Er erzählte Geschichten, die in keinem Buch festgehalten werden konnten. Denn alle, die sie gehört hatten, wurden ermordet. Es waren sicherlich die schönsten, die er sich je ausgedacht hatte. Denn es waren die letzten für diese Kinder. Und sie vergaßen, hoffentlich, wo sie waren. Sie weinten nicht als sie sich ausziehen mussten. Sie gingen arglos in die Gaskammer. Und der Freund Janusz erzählte Geschichten. Und diejenigen, die durch den Spion in der Stahltür guckten, sahen, dass die Kinder ganz ruhig da standen. Keines schrie, wie es sonst üblich war, wenn sie Angst bekamen. Sie hingen an seinen Lippen. Und Janusz Korczak erzählte Geschichten. Das war das letzte, was er für seine Kinder tun konnte. Das war 1942 in Treblinka. Dieser besondere Freund konnte den Kindern den Tod nicht ersparen. Aber er spendete ihnen echten Trost. Er gab ihnen durch seine Freundschaft und Hingabe diese innere Festigkeit, die selbst im Tod noch trägt.
Ungefähr im Jahre 30 hat Jesus Christus in Jerusalem am Kreuz mit seinem teuren Blut für alle unsere Sünden bezahlt und uns aus aller Gewalt des Teufels erlöst. Auch er hätte sich diesen Weg ersparen können. Aber er war sich nicht zu schade, an unserer Seite zu bleiben, wie wir und für uns zu sterben. Das ist die höchste Form der Solidarität, der größte Freundschaftsbeweis, den ich mir vorstellen kann. Wir wissen ja: Wir Menschen werden zu Gegnern des Lebens, weil wir tun, was Gott missfällt und uns selbst und der gesamten Schöpfung schadet. Wir kehren Gott den Rücken, ihm, dem Schöpfer und Liebhaber des Lebens. Gott selber überwindet von sich aus diese Trennung, die wir da zwischen uns und ihm aufgebaut haben. Er bringt die zerrütteten Familienverhältnisse zwischen ihm, dem Vater, und uns, seinen Kindern wieder Ordnung. Er straft uns nicht. Er liebt und steht für uns ein. Das ist seine Art, uns Freundschaft zu erweisen. Er schenkt uns nicht nur das Leben, sondern er sorgt dafür, dass es gelingen kann. Wir dürfen trotz unserer Schwächen und Grenzen selbstbewusste, lebensbejahende Menschen werden, die weder das Leben noch den Tod fürchten müssen. Wir sind zum aufrechten Gang befähigt und werden von Gott dazu ermutigt.
Das, liebe Gemeinde, ist der Trost der wahrhaftig zu trösten, zu stärken vermag. Gott schenkt uns durch seine Liebe, Freundschaft, Hingabe und Begleitung das feste Fundament, auf dem unser Leben, ihres und meines, und das jedes anderen Menschen gelingen kann. Er erspart uns nicht das Leid und die Herausforderungen, die wir zu bestehen haben. Aber er befähigt uns immer wieder, dem Leben zu vertrauen und durch die finsteren Täler unserer Seelen hindurch zurück zum frischen Wasser und zur grünen Aue zu gelangen. Darum bewahrt er mich so, dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt fallen kann, ja, dass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss. Vor dieser sperrigen, schwer verständlichen Aussage der Frage 1 will ich mich am Ende dieser Predigt nicht drücken. Der Heidelberger philosophiert an dieser Stelle nicht über die Hintergründe der menschlichen Glatzenbildungen, die hat medizinische oder genetische Ursachen. Er behauptet auch nicht, dass ohne den Willen Gottes nichts auf dieser Welt passiert. Morde oder andere Formen der Gewalt sind nicht gottgewollt, im Gegenteil. Sie widersprechen seinem Willen. Die Botschaft an dieser Stelle lautet vielmehr: Gott passt auf mich auf, er will mein Bestes, er hat mich im Blick, er übersieht nichts, keine Kleinigkeit. Er will, dass ich selig, das heißt glücklich lebe. Das bleibt festzuhalten, darauf will ich vertrauen.
Liebe Gemeinde, ich möchte mit einem wunderbaren Wort des ökumenischen Rates der Kirchen schließen. Es trägt die Überschrift: Feier des Lebens. Zu dieser Feier sind wir von unserem in das Leben verliebten Gott eingeladen:
Mitten in Hunger und Krieg feiern wir was verheißen ist: Fülle und Frieden.
Mitten in Drangsal und Tyrannei feiern wir, was verheißen ist: Hilfe und Freiheit.
Mitten in Zweifel und Verzweiflung feiern wir, was verheißen ist: Glauben und Hoffnung. Mitten in Furcht und Verrat feiern wir, was verheißen ist: Freude und Treue. Mitten in Hass und Tod feiern wir, was verheißen ist: Liebe und Leben.
Mitten in Sünde und Hinfälligkeit feiern wir, was verheißen ist: Rettung und Neubeginn. Mitten im Tod, der uns von allen Seiten umgibt, feiern wir was verheißen ist durch den lebendigen Christus.
Amen.
Predigt gehalten am 3. Februar 2013 in der Alten Kirche und in der Neuen Kirche in Nordhorn