16 | 31 | 46 | 61 | 73 | 85 | 100 | 115 | |
17 | 32 | 47 | 62 | 74 | 86 | 101 | 116 | |
18 | 33 | 48 | 63 | 75 | 87 | 102 | 117 | |
19 | 34 | 49 | 64 | 76 | 88 | 103 | 118 | |
20 | 35 | 50 | 65 | 77 | 89 | 104 | 119 | |
21 | 36 | 51 | 66 | 78 | 90 | 105 | 120 | |
22 | 37 | 52 | 91 | 106 | 121 | |||
23 | 38 | 53 | 92 | 107 | 122 | |||
24 | 39 | 54 | 93 | 108 | 123 | |||
25 | 40 | 55 | 67 | 79 | 94 | 109 | 124 | |
26 | 41 | 56 | 68 | 80 | 95 | 110 | 125 | |
27 | 42 | 57 | 69 | 81 | 96 | 111 | 126 | |
28 | 43 | 58 | 70 | 82 | 97 | 112 | 127 | |
29 | 44 | 59 | 71 | 83 | 98 | 113 | 128 | |
30 | 45 | 60 | 72 | 84 | 99 | 114 | 129 |
Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
Welche Fragen interessieren Sie? Finden Sie Ihre eigenen Antworten?! Oder stellen Sie Ihre eigenen Fragen?!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?
2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?
3. Woher erkennst du dein Elend?
4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?
5. Kannst du das alles vollkommen halten?
6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?
7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?
8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?
9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?
10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?
11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?
12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?
13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?
14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?
15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?
16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?
17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?
18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?
19. Woher weißt du das?
20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?
21. Was ist wahrer Glaube?
22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?
23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?
24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?
25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?
26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?
27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?
28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?
29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?
30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?
31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?
32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?
33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?
34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?
35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?
36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?
37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?
38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?
39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?
40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?
41. Warum ist er begraben worden?
42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?
43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?
44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?
45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?
46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?
47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?
48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?
49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?
50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?
51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?
52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?
53. Was glaubst du vom heiligen Geist?
54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?
55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?
56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?
57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?
58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?
59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?
60. Wie bist du gerecht vor Gott?
61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?
62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?
63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?
64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?
65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?
66. Was sind Sakramente?
67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?
68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?
69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?
70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?
71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?
72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?
73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?
74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?
75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?
76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?
77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?
78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?
79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?
80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?
81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?
82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?
83. Was ist das Amt der Schlüssel?
84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?
85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?
86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?
87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?
88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?
89. Was heißt Absterben des alten Menschen?
90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?
91. Was sind denn gute Werke?
92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?
93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?
94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?
95. Was ist Götzendienst?
96. Was will Gott im zweiten Gebot?
97. Darf man denn gar kein Bild machen?
98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?
99. Was will Gott im dritten Gebot?
100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?
101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?
102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?
103. Was will Gott im vierten Gebot?
104. Was will Gott im fünften Gebot?
105. Was will Gott im sechsten Gebot?
106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?
107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?
108. Was will Gott im siebenten Gebot?
109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?
110. Was verbietet Gott im achten Gebot?
111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?
112. Was will Gott im neunten Gebot?
113. Was will Gott im zehnten Gebot?
114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?
115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?
116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?
117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?
118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?
119. Wie lautet dieses Gebet
120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?
121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?
122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?
123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?
124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?
125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?
126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?
127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?
128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?
129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?
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>>> Fragen haben, Antworten finden – Eine Anregung für die Arbeit in Gruppen, pdf-Datei
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Frage 12
Predigt von Dr. Christian Staffa, Berlin
Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?
Gott will zu seinem Recht kommen,
darum müssen wir für unsere Schuld
entweder selbst
(2. Mose 20, 5; Ich gehe der Schuld der Vorfahren an ihren Kindern und noch anderen Kindern und Enkelkindern nach.
23, 7 Ich jedenfalls spreche Schuldige nicht frei)
oder durch einen anderen
vollkommen bezahlen.
(Röm 8, 3.4 Jesus der durch sein Eintreten in die Welt Sünde mittrug und so der Sündenmacht brach.)
So lauten zwölfte Frage und Antwort des Heidelberger Katechismus von 1563. Sie und mindestens die folgenden 7 Fragen zielen darauf, uns Christenmenschen zu lehren, dass Jesu grausamer Tod am Kreuz eine heilsame Wirkung für die Welt hatte. Heilsam, weil dieser Tod nicht das letzte Wort hatte, sondern in der Auferweckung Jesu sich zeigte, dass der Gott Israels Jesus Christus als seinen Sohn zur Vergebung unserer Schuld hingegeben hat.
Im Talmud gibt es einen kleinen Text, den ich, auch wenn er nicht mir und dem Heidelberger Katechismus gilt, gerne für den heutigen Sonntag trotzdem gültig erklären möchte: Es meine niemand, die Texte verstanden zu haben, der nicht über sie gestolpert sei. (bGit43a)
So lade ich Sie und euch denn auf einen Stolperpfad ein, dessen Ende wir noch nicht kennen auch wenn wir natürlich wissen, Sie dass und ich auch ein bisschen wie die Predigt in groben 20 Minuten endet. Das Ende des Stolperns aber ist nicht in Sicht.
Denn wir sind hier an einem sehr umstrittenen und doch zentralen Punkt christlicher Theologie, dem Zusammenhang von Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, Gnade und Recht und eben an dem großen wundersamen Rätsel der stellvertretenden Schuldübernahme durch den Mord an Jesus Christus und dessen Auferweckung durch den Gott Abrahams Sarahs, Isaak und Rebeccas, Jakobs Leas und Rahels.
Schuld und Schulden
Also zunächst wieder Heidelberg: Gott will zu seinem Recht kommen, darum müssen wir die Schuld vollkommen bezahlen.
In Dtn 15 steht etwas gänzlich anderes: Alle sieben Jahre sollt ihr einen Schuldenerlass durchführen.
Es gibt Schulden, die nicht bezahlt werden müssen, die nicht beglichen werden. Wenn du, Israel, dieses Gebot deines Gottes befolgst, wird er dich reich segnen. (Dtn 15,4)
Also jetzt: Gott will zu seinem Recht kommen, also wird Schuld nicht bezahlt, sondern erlassen!!!
Denn es soll keine Armen geben sondern Gerechtigkeit blühen im Lande Israels.
Sicher sind weder Frage noch Antwort im Heidelberger Katechismus ausschließlich oder hauptsächlich ökonomisch gemeint, aber das soll uns nicht hindern hier, wie im Vater unser diese Dimension zu hören. Verweist sie uns doch auch auf die materielle Seite von Gottes Gerechtigkeit und einer Wirklichkeit, in der der Geist von Gottes Geboten sich handfest materialisiert in einer Sphäre, wo wir ihn längst weg gedacht haben.
Was könnte denn hier im Ökonomischen in unserer globalisierten Wirtschaft ein Sühnopfer sein?; ein Opfer also, das für unsere Taten und unsern Wohlstand einsteht, das wir bringen dürften, um zu sühnen also zu Gott, zur Orientierung an seiner Gerechtigkeit und Barmherzigkeit umzukehren. Ein wirtschaftliches Tun, das sich der Leidenden, der eigenen Taten – wie Sklaverei und Kolonialismus) unserer (europäischen) Gesellschaften tätig umkehrend erinnert. Es kann einem schwindelig werden bei diesem Gedanken. Ein Stolperstein für das unbekümmerte Lesen von Schuld und Schulden in unseren Schriften und Gebeten.
Die folgenden beiden Fragen im Heidelberger Katechismus vom Dogmatiker Ursinus haben wieder einen fast ökonomistischen Klang, „Können wir selbst für unsere Sünden bezahlen oder kann jemand anders für unsere Sünden bezahlen“.
Die Antwort ist NEIN! Was aber ist denn die Schuld, was die Verfehlung, für die zu bezahlen wäre? Das steht ganz zu Anfang in den Fragen und Antworten 4 und 5 in knapper aber geradezu brutaler offenherziger Beschreibung: Uns ist gesagt, dass wir Gott und den Nächsten lieben sollen, aber wir neigen von Natur aus dazu Gott und unsern Nächsten zu hassen. Wir sind von der Sünde Adams so gezeichnet, dass wir ihr zunächst unentrinnbar verfallen sind.
Gewalt als Teil christlicher Sprache
Wer hier nicht stolpert … Schon die massive schonungslose Beschreibung des Zornes Gottes, der unvermeidlichen Strafe, des Bezahlens hat einen Kloß in meinen Hals gebracht, aber nun: von Natur aus hassen wir Gott und die Nächsten … Diese nicht seltene Rede des Heidelberger Katechismus in diesen Abschnitten vom grundlegend sündhaften Dasein ruft in mir alle die Bilder hervor, die wir in dem unglaublichen Film „Das weisse Band“ sehen konnten. Er handelt von einer völlig zerstörten und zerstörerischen, weil sehr frommen Pfarrersfamilie. Schläge gegen Zartheit, festgebundene Hände im Bett zur Verhinderung von körperlichen Selbsterkundungen. Ein weißes Band als selten vergebenes Signum der Unschuld der Kinder des brutal moralinen Pastors. Körperlichkeit ist ja eine von den angeblich bedrohlichen Sünden die in der Geschichte unserer Kirche so verheerende Alltagsgewalt hervorgebracht hat. Christliche Moral als Gewalt gerade mit dem Argument, dass der Mensch eben von Natur aus schlecht sei und deshalb die harte Zuchtrute braucht, um auf tugendhafte Pfade umzukehren. Wir wissen alle um viele weitere und schlimmere Erscheinungsformen des christlich moralinen Zwangssystems, dass aus der eignen Überhebung und dem vermeintlichen Besitz der Wahrheit an anderen das eigene Böse exekutierte. Zwar wurde dabei nicht selten der Körper zerstört, aber immerhin die Seele von der Sünde befreit, so sagten sie und meinten es vielleicht wirklich.
Damit sollte nun heutzutage doch wirklich Schluss sein und so auch mit dieser Lehre, die dann in der Antwort auf Frage 20 auch noch behauptet, dass eben nur Menschen, die den Glauben an Jesus Christus als wahren Gott und wahren Menschen geschenkt bekommen haben, gerettet werden. Das hat in der Kirchengeschichte auch leider der der Reformation die wahren und die eingebildeten Gegner oft genug zum Abschuss freigegeben, nicht zuletzt die Juden.
Heidelberg als Enttarnung des Eigenen
Aber könnte nicht vielleicht genau das letztgesagte dann doch heißen, dass wir diese deutliche Sprache brauchen? Nicht zur Beschreibung der anderen sondern von uns selbst!? Dürfen wir das heute für uns sehr schmerzhaft so verstehen, dass diese Sätze eben ein Gericht sind über unsere christlich-kirchlichen Vorväter und -mütter. Also doch nicht Schluss damit sondern stolpernd, ja schmerzverstärkend eine schonungslose Sicht auf Menschen nicht unter Bedingungen des Unglaubens, sondern eben unter denen des geschenkten Glaubens: Selbst oder gerade als solche haben sie den Nächsten gehasst und damit auch Gott. Und diese Gefahr ist ja nicht gebannt.
Auschwitz als Gericht
Hier werden unsere Sätze flatternd, weil wir das Menetekel schon sehen: Auschwitz. Insofern ist Auschwitz eine Keule, die uns in gewisser Weise noch hoffentlich trifft, entsetzt, weil wir uns als Kirche an diesem als grundsätzlich Verfehlende erkennen. Alle Vollmundigkeit weicht dort von uns. Die Gewissheitssätze werden schal und der Satz, der Rettung verspricht, kann nur noch als verzagter Hoffnungssatz gesprochen werden. Denn wir wissen um die mörderische Perversion der steilen selbstgewissen Glaubenssätze nicht erst seit Auschwitz, aber ganz bestimmt und bis in die Grundfesten unseres Glaubens hinein ganz bestimmt seit Auschwitz.
Mehr als Stolpern, das ist schon ein Straucheln.
Die Rede von Gott wird uns schwer und nur noch als Stammeln möglich, weil unsere eigenen Geschwister im Herrn in der Geschichte unsere Kirche und unser Land, unsere Eltern und Großeltern viele begeistert, manche mitlaufend dabei waren leider die wenigsten widerständig.
Wie kann ich denn im Angesicht aller Zeugen gegen uns aus dieser Zeit des Nationalsozialismus, angesichts des Mordes an dem Volk Gottes von einem Sühnopfer Christi sprechen? Wie könnte ich sagen, dass Jesus für mich gestorben ist zur Vergebung dieser Sünden? Mir zum ewigen Leben und zur Gerechtigkeit, wie es in der Antwort 37 heißt?
Es verschlägt mir die Sprache und doch muss ich reden. Und Reden ist biblisch nie einfaches sprechen oder im schlimmsten Falle labern, sondern immer Tatwort. Ein Wort hat Folgen im Tun, das Tun schon mit gesetzt im Wort. Also wäre Stummheit auch Stillstand im Tun. Aber wie kann diese TunRede, wie kann ein angemessenes Sprechhandeln sich anfühlen, sich zeigen.
Vom Heidelberg Katechismus lernen wir wohl, dass an einer klaren Sprachpraxis über uns und unsere Verfehlungen uns liegen muss. Er ermutigt uns, diese Sprache zu wagen, weil wir immerhin hoffen dürfen, dass in Tod und Auferweckung wirklich etwas für uns passiert ist, das uns annimmt in aller Scham und Schuld.
JA, das dürfen wir hoffen und das ist angesichts der kirchlichen Gewaltgeschichte doch fast unglaublich viel.
Groß ist aber die Gefahr, dass wir das Stolpern über das Versagen unserer Kirche, unserer Vorfahren, der Gemeinschaft aus den Lebenden und den Toten und die Verunsicherung nicht ernst nehmen und beides auf dem Götzenaltar des Wohlgefühls, der Heimeligkeit des Minderheitengefühls oder dem Altar der Selbstgefälligkeit des großen Beitrags des Christentums zur abendländischen Geschichte und damit einem modernen Klerikalismus (Wir sind wieder wer) zu opfern. Das wäre das Gegenteil des Tuns, des Wortes, zu dem wir ermutigt sein sollten.
Ernst dürfen wir in dieser Umkehrbewegung die Öffnung der Bürgerschaft Gottes für uns nehmen, die Folgen hat und haben wird „Christus als Erstling der Entschlafenen beendet alle Herrschaft, alle Gewalt alle Obrigkeit“! Die Auferweckung ist die Fanfare für eine Erneuerung des Lebens. Der Erstling der Entschlafenen, der auferweckte Jesus Christus ist nicht nur Ausweis unserer vormaligen und bleibenden Sündhaftigkeit unserer immer wieder konkret werdenden Schuld, sondern eben auch der Zuspruch, dass der Gott Israels bei uns ist oder sein will, wenn wir es uns schenken lassen und nicht gewaltsam abweisen. Dieses Geschenk können wir mehr in den Geschichten der Heiligen Schriften als in dogmatischen Sätzen wahrnehmen und weiter zu erzählen versuchen.
Geschichten erzählen.
Denn die Bibel ist ja nicht ein Buch voller dogmatischer Lehrsätze, sondern nicht umsonst ein Buch mit Erzählungen von Erfahrungen. Das sind Erfahrungen von Israel mit Gott, von jener Zuwendung zu den Völkern zu uns durch Jesus Christus.
Auch Paulus Ausgangspunkt ist die Erfahrung der Begegnung mit dem auferweckten Jesus, die ihm jene Fanfare laut werden lässt. Jetzt ist die Zeit des Anbrechens des Reiches Gottes, bald beugen sich die Knie der Völker am Zion, die Heiden kommen zu dem Gott Israels, es wird eine Gemeinschaft aus den Völkern und Israel geben. Tod wo ist dein Stachel, wo ist dein Sieg?, die Gewalten und Obrigkeit werden fallen. Es hat begonnen so sagt er und steht so vieler geschichtlicher und gegenwärtiger Erfahrung entgegen! Aber es ist eine Erfahrung!
All dessen eingedenk wird dann das Sühnopfer Jesus Christus, das Lamm Gottes ein Zeichen und eine von Gott eingeräumte unbegreifliche Möglichkeit zur Befreiung, zur Umkehr auch in und nach so grundlegend verfehlter Geschichte. Wir hoffen darauf, dass wir diese Möglichkeit nicht verspielt haben. Diese Hoffnung gibt uns die Kraft von Befreiung zu sprechen, Befreiung aus dem Gefängnis der Schuld, die uns ermöglicht, sie frei anzusprechen, das Entsetzen, den Schmerz nicht von uns zu weisen und jenen Weg der zarten Versuche neuen Tuns zu gehen und eben vielleicht zu stolpern.
So verstehe ich dann, dass es am Ende und am Anfang auch dem Heidelberger Katechismus darum geht, die Handlungsfähigkeit im Angesicht von Verfehlung und immer wieder eintretender Ferne zu Gott zu ermutigen und zu orientieren nicht am EGO sondern an Gottes Geboten, an Seiner Gerechtigkeit.
So könnte dann in aller nur hoffenden Demut das wahr werden, was der Heidelberger Katechismus eben auch und deutlich sagt: Handeln im Glauben ist möglich und nötig, als Versuch, im Tun den Glauben zaghaft und doch entschieden, kritisch und selbstkritisch zu bewähren. In der Hoffnung, dass wir und unser zaghaft stolperndes Tun gnädig angenommen sind.
Vielleicht scheint dann auf, was der Heidelberger Katechismus in Antwort 55 sagt, dass die Glaubenden "willig und bereit" sind in "Lust und Liebe" - nach Gottes Weisung zu leben. Und jede und jeder seine Gaben willig und mit Freuden zum Wohl und Heil der anderen gebraucht". (HK 55) Befreit zu einem gerechteren Tun und Sprechen aus Hoffnung und auf Hoffnung hin.
Amen
Predigt gehalten am 10. März 2013 im Rahmen einer Predigtreihe zum Heidelberger Katechismus in der Französisch-reformierten Gemeinde in Frankfurt am Main.