16 | 31 | 46 | 61 | 73 | 85 | 100 | 115 | |
17 | 32 | 47 | 62 | 74 | 86 | 101 | 116 | |
18 | 33 | 48 | 63 | 75 | 87 | 102 | 117 | |
19 | 34 | 49 | 64 | 76 | 88 | 103 | 118 | |
20 | 35 | 50 | 65 | 77 | 89 | 104 | 119 | |
21 | 36 | 51 | 66 | 78 | 90 | 105 | 120 | |
22 | 37 | 52 | 91 | 106 | 121 | |||
23 | 38 | 53 | 92 | 107 | 122 | |||
24 | 39 | 54 | 93 | 108 | 123 | |||
25 | 40 | 55 | 67 | 79 | 94 | 109 | 124 | |
26 | 41 | 56 | 68 | 80 | 95 | 110 | 125 | |
27 | 42 | 57 | 69 | 81 | 96 | 111 | 126 | |
28 | 43 | 58 | 70 | 82 | 97 | 112 | 127 | |
29 | 44 | 59 | 71 | 83 | 98 | 113 | 128 | |
30 | 45 | 60 | 72 | 84 | 99 | 114 | 129 |
Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?
2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?
3. Woher erkennst du dein Elend?
4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?
5. Kannst du das alles vollkommen halten?
6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?
7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?
8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?
9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?
10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?
11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?
12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?
13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?
14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?
15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?
16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?
17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?
18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?
19. Woher weißt du das?
20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?
21. Was ist wahrer Glaube?
22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?
23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?
24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?
25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?
26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?
27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?
28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?
29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?
30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?
31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?
32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?
33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?
34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?
35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?
36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?
37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?
38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?
39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?
40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?
41. Warum ist er begraben worden?
42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?
43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?
44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?
45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?
46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?
47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?
48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?
49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?
50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?
51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?
52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?
53. Was glaubst du vom heiligen Geist?
54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?
55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?
56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?
57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?
58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?
59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?
60. Wie bist du gerecht vor Gott?
61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?
62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?
63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?
64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?
65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?
66. Was sind Sakramente?
67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?
68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?
69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?
70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?
71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?
72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?
73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?
74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?
75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?
76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?
77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?
78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?
79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?
80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?
81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?
82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?
83. Was ist das Amt der Schlüssel?
84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?
85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?
86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?
87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?
88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?
89. Was heißt Absterben des alten Menschen?
90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?
91. Was sind denn gute Werke?
92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?
93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?
94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?
95. Was ist Götzendienst?
96. Was will Gott im zweiten Gebot?
97. Darf man denn gar kein Bild machen?
98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?
99. Was will Gott im dritten Gebot?
100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?
101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?
102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?
103. Was will Gott im vierten Gebot?
104. Was will Gott im fünften Gebot?
105. Was will Gott im sechsten Gebot?
106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?
107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?
108. Was will Gott im siebenten Gebot?
109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?
110. Was verbietet Gott im achten Gebot?
111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?
112. Was will Gott im neunten Gebot?
113. Was will Gott im zehnten Gebot?
114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?
115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?
116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?
117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?
118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?
119. Wie lautet dieses Gebet
120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?
121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?
122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?
123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?
124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?
125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?
126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?
127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?
128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?
129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?
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Frage 49
Predigt von Pastor Martin Hoffmann, Hameln
Erstens:
Er ist im Himmel
vor dem Angesicht seines Vaters
unser Fürsprecher.
Zweitens:
Wir haben durch unseren Bruder Jesus Christus
im Himmel die Gewissheit,
dass er als das Haupt uns, seine Glieder,
auch zu sich nehmen wird.
Drittens:
Er, sitzend zur Rechten Gottes,
sendet seinen Geist zu uns,
der uns die Kraft gibt,
zu suchen, was droben ist,
und nicht das, was auf Erden ist.
Liebe Schwestern und Brüder!
Als der damalige sowjetische Staats- und Parteichef Leonid Breschnew über Himmelfahrt in Deutschland zum Staatsbesuch war, da ließ er über seinen Dolmetscher fragen, welcher Feiertag begangen würde. Dieser erkundigte sich und übersetzte ihm: „Sie feiern den ‚Internationalen Tag der Raumfahrt’!“
Ja, nicht nur ein russischer Dolmetscher hat Schwierigkeiten zu erklären, was denn damals in Jerusalem geschehen ist. Fragen wir heute die Menschen auf der Straße, so bekommen wir ähnliche Antworten, die verraten, dass die meisten mit „Christi Himmelfahrt“ nichts mehr anzufangen wissen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass dieser entscheidende Tag im christlichen Glauben immer mehr zum „Vatertag“ verkommt – sogar bis in den offiziellen Sprachgebrauch der Medien hinein. Himmelfahrt ist zu einem Tag geworden, an dem die Väter in feuchtfröhlicher Sause so richtig „mal einen drauf machen können“, ohne abends zu Hause all zu viel Stress erwarten zu müssen.
Und auch die Kirchen passen sich auf ihre Weise dem Zeitgeist an und halten vielerorts schöne Gottesdienste in freier Natur, wo man sich dem Schöpfer besonders nahe weiß, zugleich aber oft das Unfassbare der Himmelfahrt seines Sohnes aus dem Blick gerät.
Da kommt die Frage 49 im Heidelberger Katechismus gerade recht, wenn auch für viele wie ein Fossil aus alter Zeit.
„Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?“
Also – allein die Frage ist schon super. „Was nützt“? Mit anderen Worten: Nicht nur, was glaubst du von der Himmelfahrt, wenn überhaupt – mit allen möglichen Erklärungsversuchen, die der gesunde Menschenverstand zu geben vermag oder auch nicht. Nein, keine abgehobene theologisch-philosophische Diskussion ist angesagt, sondern ganz pragmatisch fragt der „Heidelberger“ nach dem Nutzen. Die leidige Frage „Was bringt mir das?“, die wir allenorten immer wieder hören – hier kann sie nicht laut und unverhohlen genug gestellt werden. Was haben wir davon, wenn wir in der Apostelgeschichte den Bericht des Lukas lesen: von Jesu Abschied aus der sichtbaren Nähe zu den Jüngern hin in die unsichtbare himmlische Sphäre?
Für mich ist das sehr tröstlich und hilfreich, bei allem Sorgen und Machen, bei allem Kreisen um mich selbst hier eine himmlisch gute Perspektive eröffnet zu bekommen. Denn sowohl Lukas als auch die Frage 49 führen in die Weite. Um es mit einem der schönsten Liebeslieder Udo Lindenbergs zu sagen: „Hinterm Horizont geht’s weiter.“
Und was mir persönlich von Nutzen sein will, das gilt gerade auch für die Anderen.
Nicht von ungefähr zieht sich das „wir“ der Gemeinde wie ein roter Faden durch die Antwort:
„Unser“ Fürsprecher, „unseren“ Bruder Jesus Christus, „uns“ seine Glieder, seinen Geist zu „uns“, der „uns“ die Kraft gibt.
Wo Germanisten sicherlich viel rote Tinte brauchen, um immer wieder an den Rand ein „W“ für langweilige Wiederholung zu schreiben, da wird die Frage 49 nicht müde, stetig vom Nutzen für seine Gemeinde zu sprechen. Also nicht religiöse Nabelschau ist angesagt, sondern am Himmelfahrtstag wird deutlich, dass er als das Haupt die Glieder der Gemeinde im Blick hat in seiner „never ending love“ - Geschichte mit uns allen.
Und so gibt uns Frage 49 dreifach Antwort auf „unseren“ Nutzen dieses unfassbaren Geschehens damals am Ölberg.
Erstens:
Er ist im Himmel
vor dem Angesicht seines Vaters
unser Fürsprecher.
„Wohin gehst du?“ – wie oft stellen Kinder diese Frage, wenn Vater oder Mutter aus dem Haus gehen. „Wohin gehst du?“ – so werden die Jünger beim Abschied gedacht haben, wohl ahnend, dass jetzt die eigentliche Zeit beginnt, die wir „nach Christus“ nennen. „Und als sie ihm nachsahen….“ Martin Niemöller hat Recht: „Abschiednehmen lernt sich nicht.“ Da ist immer der gleiche Schmerz und vor allem die Frage: Wann sehen wir uns wieder? „Zwei Männer in weißen Gewändern“ geben Antwort: „Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.“ Mit anderen Worten: Die Zeit „ohne ihn“ wird begrenzt. Er wird wiederkommen. Wann? Das bleibt Gottes Geheimnis. „Aber das“ – das ist Gottes Versprechen. In dieser Zeit zwischen „Gekommen“ und „Kommen werden“ ist Christus, so sagt es Frage 49 kurz und knapp: „im Himmel vor dem Angesicht seines Vaters.“ Bleibt dort auch und kehrt nicht dauernd in „Brot und Wein“ bei Eucharistie und Abendmahl auf die Erde zurück. Das würde, so Calvin, die Einmaligkeit und „Herrlichkeit seiner Himmelfahrt zunichte“ machen. Nein, anderes wird über ihn im Himmel gesagt: Er ist dort „unser Fürsprecher“. Also nicht fern und distanziert, sondern als einer, der seine Stimme für uns erhebt. Gerade dort, wo so vieles gegen uns spricht, im Kleinen wie im Großen der Weltgeschichte, spricht er „für“ uns. Wer sich auch nur einen Rest von Selbstkritik bewahrt hat, der weiß, dass dieses Amt des Fürsprechers ein „fulltime-job“ sein muss.
Den als himmlischen Star-Anwalt zu wissen, der Weltenrichter und Weltenheiland in Personalunion ist - das lässt uns aufatmen. Das will es uns zugleich leichter machen, zu eigenen Fehlern und Versäumnissen zu stehen. Da muss ich nicht mehr dauernd vertuschen, eigene Schuld relativieren oder meine Hände in Unschuld waschen, sondern es wächst der Mut einer offenen Selbstreflexion.
Petrus kommt mir nahe, der so bitterlich über sich zu weinen beginnt, als er merkt, wie er in seiner Angst hinter eigenen Erwartungen zurück geblieben ist.
Bei diesem Fürsprecher im Himmel werden unsere Tränen buchstäblich zu „tears in heaven“, wie es Eric Clapton in einem seiner Lieder besingt.
„All unsere Weisheit …“, so beginnt Calvin seine „Institutio“, „umfasst im Grunde eigentlich zweierlei: die Erkenntnis Gottes und unsere Selbsterkenntnis.“
Zweitens - so Frage 49 weiter:
Wir haben durch unseren Bruder Jesus Christus
im Himmel die Gewissheit,
dass er als das Haupt uns, seine Glieder,
auch zu sich nehmen wird.
Das wird ja immer schöner!
Unser Fürsprecher ist zugleich unser Bruder. Er das Haupt - wir seine Glieder. Wie besingt es Paul Gerhardt in seinem Osterlied: „Ich hang und bleib auch hangen / an Christus als ein Glied / wo mein Haupt durch ist gangen / da nimmt er mich auch mit.“ Paul Gerhardt benutzt dieses großartige Bild einer Geburt, um das Unfassbare auszudrücken, dass unser Fürsprecher im Himmel seine Brüderlichkeit auch darin zeigt, dass er uns dort einen Platz reserviert. Der Tod verliert seinen letzten Schrecken, weil er gleichsam zum Geburtskanal eines Lebens in seiner himmlischen Nähe wird. „Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten“, wie es bei Johannes im 14. Kapitel heißt, oder wie der Heidelberger Katechismus in seiner Frage nach dem „Nutzen“ der Auferstehung Christi antwortet, dass sie „uns ein verlässliches Pfand unserer seligen Auferstehung“ ist.
So und vielleicht nur so, konnten die ersten Christen in Rom das „Christianos ad leones“, „Christen vor die Löwen“ durchleiden, weil nichts, so Paulus in seinem Brief an sie, uns trennen kann von seiner Liebe. „Christus Jesus ist hier, der gestorben, ja vielmehr, der auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt“ – so schreibt er an die kleine verfolgte Gemeinde.
So, und vielleicht nur so, konnten später die Väter und Mütter unserer Hamelner Gemeinde Galeeren und Folterkammern aushalten und den Verlust ihrer schönen Heimat Frankreich. Wie lautete ihr Trost in schwerer Zeit: „Teneo quia teneor“ – „Ich halte durch, weil ich gehalten werde.“
Mit der Inschrift gesagt, die wir auf den Spuren der Hamelner Hugenotten in Les Baux-de Provence fanden: „Post tenebras lux“ – Nach der Finsternis kommt Licht.
Aber wir brauchen gar nicht so weit zurück zu gehen: Am letzten Samstag sagte ein hemmungslos weinender Florian Fromlowitz, Torhüter bei Hannover 96, nach dem Abstiegskrimi in Bochum vor einem Millionenpublikum an den Bildschirmen: „Wir haben für einen Mann gewonnen, der ist oben im Himmel, und der heißt Robert Enke.“ Auch dieses ein Ausdruck der Gewissheit, dass Er auch uns „zu sich nehmen wird“?!
Und
Drittens:
Er, sitzend zur Rechten Gottes
sendet seinen Geist zu uns
der uns die Kraft gibt,
zu suchen, was droben ist
und nicht das, was auf Erden gilt.
Mit anderen Worten: Weil wir ihn im Himmel zur Rechten Gottes als unseren brüderlichen Fürsprecher wissen dürfen, bei dem wir zugleich auch unsere himmlische Heimat haben, darum können wir uns ganz getrost der Welt zuwenden, ohne dauernd ängstlich oder berechnend zum Himmel schielen zu müssen.
„Da kehrten sie nach Jerusalem zurück, … stiegen hinauf in das Obergemach des Hauses, wo sie sich aufzuhalten pflegten, … stets beieinander einmütig im Gebet.“ Lukas macht sich viel Mühe, die einzelnen Namen der Jünger zu benennen. Auch Maria wird genannt, die „samt den Frauen“ in jener ersten Himmelfahrtsgemeinde zugegen ist. Ja, es ist gut, wenn die Männer nicht unter sich bleiben.
Noch gehen sie nicht hinaus in alle Welt. Dazu reicht der Mut noch nicht. Dazu musste es erst Pfingsten werden. Dazu musste erst der himmlische Fürsprecher „seinen Geist zu uns“ senden, „der uns die Kraft gibt“. Wichtige Wenden und Neuanfänge in unserem Leben brauchen wohl die Interimszeit der Vorbereitung. Manchmal dauert sie 40 Jahre einer Wüstenwanderung, um ins gelobte Land zu kommen, manchmal 40 Tage wie beim Fasten Jesu in der Wüste , wo er „bei den Tieren war“, bevor er öffentlich zu predigen begann. Manchmal auch 3 Tage zwischen Tod und Auferstehung oder 3 Tage der Blindheit wie bei der Bekehrung des Paulus.
„Einmütig beieinander im Gebet“. So nutzen sie diese Zeit. Und zugleich hoch „konzentriert“, wie das griechische Wort auch übersetzt werden kann, um „zu suchen, was droben ist, und nicht auf das, was auf Erden gilt“. Das gilt es, immer wieder neu zu entdecken - in einer Welt, die an der Maßlosigkeit ihrer „ego-trips“ zu zerbrechen droht.
Vom Himmel aus sich „Auftrag, Weg und Ziel“ weisen zu lassen für ein Miteinander, so wie Gott es gewollt hat von Anfang an. Im gemeinsamen Suchen werden dann die Grenzen fließend zwischen der Himmelfahrtsgemeinde damals in Jerusalem und der Himmelfahrtsgemeinde heute Morgen hier in der Hugenottenstraße. Und natürlich in der gemeinsamen Bitte um seinen Geist, der uns „Geistes-gegenwärtig“ reden und handeln lässt.
„Sie feiern den „Internationalen Tag der Raumfahrt“.
Ja, „international“ ist richtig, denn, so haben wir zu Beginn mit den Worten des 47. Psalms gesungen:„Herr der ganzen Welt / allen Völkern fällt / deine Gnade zu / auch ihr Gott bist du…“
So wünsche ich uns einen gesegneten Himmelfahrtstag und einen behüteten Vatertag im eigentlichen Sinn: denn „Er ist im Himmel – vor dem Angesicht seines Vaters“.
Amen
Lieder:
- Psalm 47 „Singt mit froher Stimm, Völker jauchzet ihm“
- Lied 123 „Jesus Christus herrscht als König“
- Lied 112, 6 „Ich hang und bleib auch hangen“
- Lied 667 „Wenn das Brot, das wir teilen“
Lesung:
Apostelgeschichte 1, 9-14
Gehalten am 13. Mai 2010 (Himmelfahrt) in der Ev.-ref. Kirche Hameln