Heidelberger Katechismus Frage ...
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Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Frage 54 und 55

Predigt von Pfarrer Dr. Guy M. Cliqué, Schwabach

"Was glaubst du von der »heiligen allgemeinen christlichen Kirche«?

Ich glaube,
dass der Sohn Gottes 
aus dem ganzen Menschengeschlecht 
sich eine auserwählte Gemeinde 
zum ewigen Leben
durch seinen Geist und Wort 
in Einigkeit des wahren Glaubens
von Anbeginn der Welt bis ans Ende 
versammelt, schützt und erhält 
und dass auch ich
ein lebendiges Glied dieser Gemeinde bin 
und ewig bleiben werde. 


Was verstehst du unter der »Gemeinschaft der Heiligen«?

Erstens:
Alle Glaubenden haben als Glieder
Gemeinschaft an dem Herrn Christus
und an allen seinen Schätzen und Gaben.

Zweitens:
Darum soll auch jeder seine Gaben
willig und mit Freuden
zum Wohl und Heil der anderen
gebrauchen.

 

 Liebe Gemeinde,
„Die Kirche“: Am Beginn meiner Predigt möchte ich Sie heute bitten, einmal für eine kurze Weile innezuhalten und in sich hineinzuhorchen, was für Assoziationen, welche Bilder in Ihnen entstehen, und welche Gefühle Sie spüren können, wenn Sie das Wort „Kirche“ hören.
(Stille)

Liebe Gemeinde,
„Kirche“ – dieser Begriff kann ganz unterschiedliche Bilder und Assoziatio-nen entstehen lassen. „Kirche“ – das kann mit ganz verschiedenen Gefühlen verbunden sein. Der eine von Ihnen mag dabei einfach an die Franzosenkirche denken, mit der er verbunden ist. Vielleicht sind Sie ja in dieser Kirche konfirmiert worden, oder sogar auch getauft. Dann ist „Kirche“ für Sie sehr wahrscheinlich ein ganz überwiegend positiver Begriff. Vielleicht denken Sie aber bei „Kirche“ eher weit über unsere Kirche hinaus, an die Weltkirche, an die Fälle von Mißbrauch oder die Kreuzzüge.

Mir ist jedenfalls vor vielen Jahren einmal aufgefallen, daß die Sätze, die mit „Die Kirche …“ beginnen, allermeistens schlecht ausgehen. Das heißt, diese Sätze gehen zumeist weiter mit „sollte“, „müßte“ oder „kann doch nicht“; weitaus überwiegend haben sie aber eine kritische, also negative Zielrich-tung: „Die Kirche müßte mehr für die Jugend tun.“ Oder: „Die Kirche sollte sich mehr für die Arbeitslosen einsetzen.“ Oder: „Die Kirche kann doch so etwas nicht machen …“; und so weiter. Unsere positiven Aussagen und posi-tive Gefühle werden demgegenüber eher mit Sätzen ausgedrückt, die mit dem Wort „Die Gemeinde …“ zu beginnen pflegen.

Liebe Gemeinde,
in diesem Jahr feiert der Heidelberger Katechismus, die wichtigste Bekennt-nisschrift der reformierten Christen in aller Welt, seinen 450. Geburtstag. Aus diesem Grund haben unsere drei Gemeinden Bayreuth, Nürnberg und Schwabach ja eine Predigtreihe zum Heidelberger Katechismus vereinbart, in deren Rahmen wir Pfarrer und Ältestenprediger dieser drei Gemeinden auch in allen Gemeinden zu Gast sind. Heute möchte ich diese Reihe fortsetzen mit dem Hören und Nachdenken über die Fragen 54 und 55 des Heidelberger Katechismus, in denen die Frage der Kirche behandelt wird.

Wenn ich nun mit Ihnen über die Kirche nachdenke, so wirft dies gleich eine grundlegende Frage auf: Was war denn zuerst da – die Henne oder das Ei? Auf unser Leben als Christenmensch bezogen also: Was steht denn eigentlich am Beginn des Glaubens – die Gemeinschaft der Christen, also die Kirche, oder der einzelne Christenmensch? Nun könnte man die Frage zuspitzen auf den Unterschied zwischen den Konfessionen: in der römisch-katholischen Konfession wird eher die Kirche als Gemeinschaft betont, während demgegenüber in der evangelischen Konfession der einzelne Christenmensch her-vorgehoben wird – denken Sie nur an die grundlegende Bedeutung der Rechtfertigung.

Aber im Grunde wissen Sie schon die Antwort: Die Frage danach, was denn grundlegender sei, die Kirche oder der einzelne Christenmensch, ist so falsch gestellt wie die Frage nach Henne oder Ei, was denn zuerst da war: weil es eine falsche Alternative suggeriert! Denn so wie ein Ei schon eine Henne voraussetzt, und eine Henne ein Ei, so setzt die Kirche einzelne Christenmenschen voraus, so wie auch einzelne Christenmenschen nicht ohne Gemeinschaft denkbar sind. Natürlich ist der christliche Glauben immer eine Sache des einzelnen Menschen und seiner ganz persönlichen Beziehung zu Gott – aber wie erfahre ich auch nur ein Wort über diesen Gott, den Vater Jesu Christi? Natürlich einzig und allein durch andere Menschen, was sich also zusammengefaßt als „Kirche“ bezeichnen läßt; seien es die Eltern, Großeltern oder andere Menschen, von denen wir von Gott, dem Vater Jesu Christi gehört haben; oder seien es die zahllosen ungenannten Mütter und Väter im Glauben, die uns die biblische Botschaft des Evangeliums durch die Jahrhunderte, ja Jahrtausende bis in unsere Gegenwart weitergetragen haben.

Ich einerseits, und die Kirche andererseits, sind so gesehen keine einander ausschließende Alternativen im Sinne von Gegensätzen, sondern vielmehr wie zwei Seiten einer Medaille. Vielleicht aber ist ja die gemeinschaftliche Seite sogar ein bißchen grundlegender, wie kürzlich erst wieder ein Wissenschaftler in einem Buch hervorgehoben hat. Und insofern ist es vielleicht durchaus ganz sinnvoll, das Hören auf den Heidelberger Katechismus mit den Fragen nach der „Kirche“ zu beginnen.

Wir hören also den Heidelberger Katechismus, Frage 54:
„Was glaubst du
von der ‚heiligen allgemeinen christlichen Kirche‘?
Ich glaube,
daß der Sohn Gottes
aus dem ganzen Menschengeschlecht
sich eine auserwählte Gemeinde
zum ewigen Leben durch seinen Geist und Wort
in Einigkeit des wahren Glaubens
von Anbeginn der Welt bis ans Ende
versammelt, schützt und erhält
und dass auch ich
ein lebendiges Glied dieser Gemeinde bin
und ewig bleiben werde.

Wenn ich etwas über „die Kirche“ oder über „die Kirchen“ in der Zeitung lese oder Berichte im Fernsehen sehe, so sind es meistens negative Schlagzeilen und Darstellungen: Da werden Mitarbeitende schlecht behandelt und be-zahlt, da werden Kinder und Jugendliche mißbraucht, da bereichert sich ein Pfarrer an der Gabenkasse, da erhalten Kirchen staatliche Gelder und Vergünstigungen, offenbar ohne eine wirkliche Berechtigung, da kehren Jahr für Jahr viele Menschen den Kirchen den Rücken. Ganz zu schweigen vom Rückblick in die Geschichte der Kirche: Kreuzzüge, Verfolgungen und Inquisition. Und leider: Diese Kritikpunkte sind allermeistens weitestgehend zutreffend. Und daß ähnliche Verfehlungen auch außerhalb der Kirche ge-schehen sind und geschehen, macht diejenigen innerhalb der Kirche für uns Christen nicht weniger schrecklich und schmerzhaft.

Aber ich weiß nicht, ob es Ihnen beim Hören auf die Frage 54 des Heidelberger Katechismus aufgefallen ist: Von allen diesen Dingen ist dort mit keinem Wort die Rede: „Was glaubst du von der ‚heiligen allgemeinen christlichen Kirche‘?
Ich glaube,
daß der Sohn Gottes
aus dem ganzen Menschengeschlecht
sich eine auserwählte Gemeinde
zum ewigen Leben durch seinen Geist und Wort
in Einigkeit des wahren Glaubens
von Anbeginn der Welt bis ans Ende
versammelt, schützt und erhält
und daß auch ich
ein lebendiges Glied dieser Gemeinde bin
und ewig bleiben werde.“

Die Kirche wird als heilig bezeichnet (in Aufnahme des Apostolischen Glaubensbekenntnisses); hier ist keine Rede von sinkenden Mitgliederzahlen, unrühmlichen Taten oder der generellen Unwürdigkeit ihrer Mitglieder. Dies alles spielt für das Kirchesein keine Rolle. Und auch nicht irgendetwas anders, das wir getan hätten. Sondern entscheidend ist vielmehr etwas anderes: Daß Jesus Christus sich eine Gemeinde auserwählt hat! So wie es Jesus Christus im Johannes-Evangelium sagt: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“ (Johannes 15,16) Dieses Erwählen ist der Ausgangspunkt und der Grund allen Glaubens, und der Ausgangspunkt und der Grund der Kirche bzw. der Gemeinde, wie es der Heidelberger Katechismus formuliert. Und er ergänzt dazu: Jesus Christus sammelt sich nicht nur eine „auserwählte Gemeinde“, sondern er „versammelt, schützt und erhält“ sie auch.

Was für eine tröstende Botschaft! Kirchesein hängt nicht von uns ab; wir machen nicht Kirche – im Guten –, und wir verhindern sie nicht – im schlechten. Kirchesein hängt nicht davon ab, ob hier am Sonntagmorgen zehn Gläubige anwesend sind oder fünfzig. Sondern Kirche gibt es vielmehr, weil Jesus Christus eine Gemeinde erwählt hat und verheißen hat, diese zu sammeln, zu schützen und zu erhalten. Was für eine tröstende, entlastende Botschaft!

Allerdings: Bei „schützen und erhalten“ klingt hindurch, daß die christliche Gemeinde immer wieder auch ernsthaften Herausforderungen ausgesetzt ist. Kürzlich hat mich ein Bekannter gefragt, welche Religion in der Welt am meisten Verfolgungen ausgesetzt ist. Und er erzählte mir dann seine Lesefrucht, daß dies heute die Christen seien. Und tatsächlich gibt es etliche Länder in der Welt, u.a. Indonesien, Iran, Ägypten, wo es oftmals lebensgefährlich ist, sich zum christlichen Glauben zu bekennen.

Aber auch wir Christen in Deutschland sind je und je gefährdet: durch die Angst, daß wir Christen immer weniger werden; durch die Depression: es geht ja alles bergab, nicht nur mit den Kirchen; durch die Erfahrung der Got-tesferne: dieser liebe Mensch ist gestorben, und das ist völlig sinnlos; oder durch den Eindruck, die heutige Wissenschaft und Technik seien überlegen: ein vernünftiger Mensch könne heute ja gar nicht mehr an Gott glauben.

Jesus Christus „versammelt, schützt und erhält“ seine „auserwählte Gemeinde“. Es ist nicht zufällig, daß einer der zahlreichen biblischen Worte, auf welche der Heidelberger Katechismus zu jeder Frage verweist, Johannes 10,11 ist, wo Jesus sagt: „Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte setzt sein Le-ben ein für die Schafe.“ Und etwas später: „Meine Schafe hören auf meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir. Und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie werden in Ewigkeit nicht verloren gehen, und niemand wird sie meiner Hand entreißen.“ (Johannes 10,28f)

Bei diesen Jesusworten höre ich den ersten Vers von Psalm 23: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Seit einigen Wochen habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, diesen Psalm als ganzem vor dem Einschlafen am Abend und beim Aufstehen am Morgen zu sprechen: Es tut gut, den Tag mit einem solchermaßen tröstlichen Wort zu beginnen und zu beenden. Jesus Christus „versammelt, schützt und erhält“ seine „auserwählte Gemeinde“, so wie sich ein guter Hirte um seine Schafe sorgt. Was für eine tröstliche Bot-schaft!

Die Frage 54 schließt gegen alle Anfragen und Gefährdungen mit einer wun-derbaren Verheißung: Ich darf in dieser Gemeinde, in dieser Gemeinschaft Jesu Christi leben und bleiben. In den Worten des Heidelberger Katechismus: „Ich glaube, …, daß auch ich ein lebendiges Glied dieser Gemeinde bin und ewig bleiben werde.“

Mir scheint, daß dieses einfache Glauben, dieses Vertrauen auf Gott, gar nicht so einfach ist, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheinen mag. Des-halb möchte ich Sie bitten, dem einfach einen kurzen Moment lang innezu-halten und nachzuspüren, bevor ich weitergehe: Jesus Christus „versammelt, schützt und erhält“ seine „auserwählte Gemeinde“, wie sich ein guter Hirte um seine Schafe sorgt.

(Stille)

Wenn wir ganz tief davon durchdrungen sind, daß Jesus Christus seine „auserwählte Gemeinde … versammelt, schützt und erhält“ und jeder und jede von uns „ein lebendiges Glied dieser Gemeinde“ ist, dann, aber auch erst dann, folgt im Katechismus etwas darüber, was uns aufgetragen ist, zu tun:

Wir hören Frage 55 des Heidelberger Katechismus:
„Was verstehst du unter der
‚Gemeinschaft der Heiligen‘?
Erstens:
Alle Glaubenden haben als Glieder
Gemeinschaft an dem Herrn Christus
und an allen seinen Schätzen und Gaben.
Zweitens:
Darum soll auch jeder seine Gaben
willig und mit Freuden
zum Wohl und Heil der anderen
gebrauchen.“

Indem ich glaube, indem ich mich an Gott und seine Verheißungen halte, daß ich von ihm erschaffen und ins Leben gerufen bin, daß ich also meine Existenz nicht mir selbst verdanke, daß ich also geliebt und angenommen bin; indem ich all dies glaube, habe ich festen Boden unter den Füßen und kann si-cher stehen. Als lebendiges Glied der Gemeinde, erwählt und geheiligt, bin ich gewiß, daß ich und die Gemeinschaft, zu der ich gehöre, eine sichere Zukunft haben, die – Gott sei dank! – nicht von mir abhängt.

Aber wenn ich dies glaube, wenn ich mich an Gott und diese seine Verheißungen halte, dann werden wir fähig, etwas zu tun, so daß mit unseren Gaben, mit unseren Talenten, mit unserer Kraft, mit den uns gegebenen Mög-lichkeiten, aber auch mit unseren Begrenzungen für andere, für die Welt Kirche sichtbar, erlebbar und spürbar wird. In den Worten des Heidelberger Katechismus: „seine Gaben … willig und mit Freuden / zum Wohl und Heil der anderen / gebrauchen“. 

Und – es ist mir eine große Freude, dies sagen zu können: In meiner Gemeinde in Schwabach wie auch in Bayreuth und Nürnberg und anderen reformierten Gemeinden wird bereits ganz viel getan! Ich denke zunächst an die Presbyterinnen und Presbyter, dann auch an vielen weiteren Menschen über diesen Kreis hinaus, die ihre „Gaben“ im wahrsten Sinne des Wortes „willig und mit Freuden / zum Wohl und Heil der anderen / gebrauchen“. Von vielem guten Tun weiß ich – in Schwabach, Bayreuth, Nürnberg und darüber hinaus –, und von noch viel mehr gutem Tun – in Schwabach und darüber hinaus –weiß ich gar nichts. Über all dieses gute Tun dürfen wir uns aber herzlich freuen und von ganzem Herzen dankbar sein!Und so können wir gelassen auf die Zukunft hin leben, können das tun, was jetzt wichtig ist, ohne uns von Sachzwängen oder hektischer Nervosität be-stimmen zu lassen. Als Gemeinde, die getragen und getröstet wird von dem, der die Gemeinde erwählt hat, und „von Anbeginn der Welt bis ans Ende / versammelt, schützt und erhält“.

Diethard Zils hat einmal in Anlehnung an Psalm 1 formuliert:
Glücklich die Kirche
die nie aufhört zu fragen,
die nie aufhört zu suchen.

Glücklich die Kirche,
die sich selbst in Frage stellt,
die über sich selber lächeln kann.

Glücklich die Kirche,
die Freiheit verbreitet aus ihrem Glauben,
die Freude ausstrahlt aus ihrem Leben.

Glücklich die Kirche,
die den Menschen neue Zuversicht schenkt,
die den Frieden und die Gerechtigkeit
in die Tat umsetzt.

Glücklich die Kirche,
die ein Ort der Menschlichkeit ist
in einer unmenschlichen Welt,
sie könnte selber Modell sein für eine gute Zukunft.

Glücklich die Menschen dieser Kirche,
sie brauchen keine Angst zu haben,
von Gott und den Menschen verlassen zu sein.
Amen.

Predigt gehalten in der Ev.-reformierten Gemeinde Schwabach.