Heidelberger Katechismus Frage ...
Mehr Fragen als Antworten!
Die 129 Fragen des Heidelberger Katechismus - ohne die Antworten!
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1. Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

2. Was musst du wissen, damit du in diesem Trost selig leben und sterben kannst?

3. Woher erkennst du dein Elend?

4. Was fordert denn Gottes Gesetz von uns?

5. Kannst du das alles vollkommen halten?

6. Hat denn Gott den Menschen so böse und verkehrt erschaffen?

7. Woher kommt denn diese böse und verkehrte Art des Menschen?

8. Sind wir aber so böse und verkehrt, dass wir ganz und gar unfähig sind zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen?

9. Tut denn Gott dem Menschen nicht Unrecht, wenn er in seinem Gesetz etwas fordert, was der Mensch nicht tun kann?

10. Will Gott diesen Ungehorsam ungestraft lassen?

11. Ist denn Gott nicht auch barmherzig?

12. Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben, wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

13. Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

14. Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

15. Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

16. Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein?

17. Warum muss er zugleich wahrer Gott sein?

18. Wer ist denn dieser Mittler, der zugleich wahrer Gott und ein wahrer, gerechter Mensch ist?

19. Woher weißt du das?

20. Werden denn alle Menschen wieder durch Christus gerettet, so wie sie durch Adam verloren gegangen sind?

21. Was ist wahrer Glaube?

22. Was ist für einen Christen notwendig zu glauben?

23. Wie lautet dieses Glaubensbekenntnis?

24. Wie wird das Glaubensbekenntnis eingeteilt?

25. Warum nennst du denn drei: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, wo doch Gott nur einer ist?

26. Was glaubst du, wenn du sprichst: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde“?

27. Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?

28. Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?

29. Warum wird der Sohn Gottes Jesus, das heißt „Heiland“ genannt?

30. Glauben denn auch die an den einzigen Heiland Jesus, die Heil und Seligkeit bei den Heiligen, bei sich selbst oder anderswo suchen?

31. Warum wird er Christus, das heißt „Gesalbter“ genannt?

32. Warum wirst aber du ein Christ genannt?

33. Warum heißt Jesus Christus „Gottes eingeborener Sohn“, da doch auch wir Kinder Gottes sind?

34. Warum nennst du ihn „unseren Herrn“?

35. Was bedeutet: „Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria“?

36. Was nützt es dir, dass er durch den heiligen Geist empfangen und von der Jungfrau Maria geboren ist?

37. Was verstehst du unter dem Wort „gelitten“?

38. Warum hat er unter dem Richter Pontius Pilatus gelitten?

39. Bedeutet sein Tod am Kreuz mehr, als wenn er eines anderen Todes gestorben wäre?

40. Warum hat Christus den Tod erleiden müssen?

41. Warum ist er begraben worden?

42. Warum müssen wir noch sterben, obwohl Christus für uns gestorben ist?

43. Welchen weiteren Nutzen haben wir aus Opfer und Tod Christi am Kreuz?

44. Warum folgt „abgestiegen zu der Hölle“?

45. Was nützt uns die Auferstehung Christi?

46. Wie verstehst du, dass es heißt „aufgefahren in den Himmel“?

47. Ist denn Christus nicht bei uns bis ans Ende der Welt, wie er uns verheißen hat?

48. Werden aber auf diese Weise nicht Gottheit und Menschheit in Christus voneinander getrennt, wenn er nach seiner menschlichen Natur nicht überall ist, wo er nach seiner Gottheit ist?

49. Was nützt uns die Himmelfahrt Christi?

50. Warum wird hinzugefügt „er sitzt zur Rechten Gottes“?

51. Was nützt uns diese Herrlichkeit unseres Hauptes Christus?

52. Was tröstet dich die Wiederkunft Christi, „zu richten die Lebenden und die Toten“?

53. Was glaubst du vom heiligen Geist?

54. Was glaubst du von der „heiligen allgemeinen christlichen Kirche“?

55. Was verstehst du unter der „Gemeinschaft der Heiligen“?

56. Was glaubst du von der „Vergebung der Sünden“?

57. Was tröstet dich die „Auferstehung der Toten“?

58. Was tröstet dich die Verheißung des ewigen Lebens?

59. Was hilft es dir aber nun, wenn du das alles glaubst?

60. Wie bist du gerecht vor Gott?

61. Warum sagst du, dass du allein durch den Glauben gerecht bist?

62. Warum können denn unsere guten Werke uns nicht ganz oder teilweise vor Gott gerecht machen?

63. Verdienen aber unsere guten Werke nichts, obwohl Gott sie doch in diesem und dem zukünftigen Leben belohnen will?

64. Macht aber diese Lehre die Menschen nicht leichtfertig und gewissenlos?

65. Wenn nun allein der Glaube uns Anteil an Christus und allen seinen Wohltaten gibt, woher kommt solcher Glaube?

66. Was sind Sakramente?

67. Sollen denn beide, Wort und Sakrament, unseren Glauben auf das Opfer Jesu Christi am Kreuz als den einzigen Grund unserer Seligkeit hinweisen?

68. Wieviel Sakramente hat Christus im Neuen Testament eingesetzt?

69. Wie wirst du in der heiligen Taufe erinnert und gewiss gemacht, dass das einmalige Opfer Christi am Kreuz dir zugut kommt?

70. Was heißt, mit dem Blut und Geist Christi gewaschen sein?

71. Wo hat Christus verheißen, dass wir so gewiss mit seinem Blut und Geist wie mit dem Taufwasser gewaschen sind?

72. Ist denn das äußerliche Wasserbad selbst die Abwaschung der Sünden?

73. Warum nennt denn der Heilige Geist die Taufe das „Bad der Wiedergeburt“ und die „Abwaschung der Sünden“?

74. Soll man auch die kleinen Kinder taufen?

75. Wie wirst du im heiligen Abendmahl erinnert und gewiss gemacht, dass du an dem einzigen Opfer Christi am Kreuz und allen seinen Gaben Anteil hast?

76. Was heißt, den gekreuzigten Leib Christi essen und sein vergossenes Blut trinken?

77. Wo hat Christus verheißen, dass er die Gläubigen so gewiss mit seinem Leib und Blut speist und tränkt, wie sie von diesem gebrochenen Brot essen und von diesem Kelch trinken?

78. Werden denn Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandelt?

79. Warum nennt denn Christus das Brot seinen Leib und den Kelch sein Blut oder nennt den Kelch den neuen Bund in seinem Blut, und warum spricht Paulus von der Gemeinschaft des Leibes und Blutes Jesu Christi?

80. Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe?

81. Welche Menschen sollen zum Tisch des Herrn kommen?

82. Dürfen aber zum heiligen Abendmahl auch solche zugelassen werden, die sich in ihrem Bekenntnis und Leben als Ungläubige und Gottlose erweisen?

83. Was ist das Amt der Schlüssel?

84. Wie wird das Himmelreich durch die Predigt des heiligen Evangeliums auf- und zugeschlossen?

85. Wie wird das Himmelreich durch die christliche Bußzucht zu- und aufgeschlossen?

86. Da wir nun aus unserm Elend ganz ohne unser Verdienst aus Gnade durch Christus erlöst sind, warum sollen wir gute Werke tun?

87. Können denn auch die selig werden, die sich von ihrem undankbaren, unbußfertigen Leben nicht zu Gott bekehren?

88. Worin besteht die wahrhaftige Buße oder Bekehrung des Menschen?

89. Was heißt Absterben des alten Menschen?

90. Was heißt Auferstehen des neuen Menschen?

91. Was sind denn gute Werke?

92. Wie lautet das Gesetz des HERRN?

93. Wie werden diese Gebote eingeteilt?

94. Was fordert der Herr im ersten Gebot?

95. Was ist Götzendienst?

96. Was will Gott im zweiten Gebot?

97. Darf man denn gar kein Bild machen?

98. Dürfen denn nicht die Bilder als „der Laien Bücher“ in den Kirchen geduldet werden?

99. Was will Gott im dritten Gebot?

100. Ist es denn eine so schwere Sünde, Gottes Namen mit Schwören und Fluchen zu lästern, dass Gott auch über die zürnt, die nicht alles tun, um es zu verhindern?

101. Darf man aber überhaupt bei dem Namen Gottes einen Eid schwören?

102. Darf man auch bei den Heiligen oder anderen Geschöpfen schwören?

103. Was will Gott im vierten Gebot?

104. Was will Gott im fünften Gebot?

105. Was will Gott im sechsten Gebot?

106. Redet denn dieses Gebot nur vom Töten?

107. Haben wir das Gebot schon erfüllt, wenn wir unseren Nächsten nicht töten?

108. Was will Gott im siebenten Gebot?

109. Verbietet Gott in diesem Gebot allein den Ehebruch?

110. Was verbietet Gott im achten Gebot?

111. Was gebietet dir aber Gott in diesem Gebot?

112. Was will Gott im neunten Gebot?

113. Was will Gott im zehnten Gebot?

114. Können aber die zu Gott Bekehrten diese Gebote vollkommen halten?

115. Warum lässt uns Gott denn die zehn Gebote so eindringlich predigen, wenn sie doch in diesem Leben niemand halten kann?

116. Warum ist den Christen das Gebet nötig?

117. Was gehört zu einem Gebet, damit es Gott gefällt und von ihm erhört wird?

118. Was hat uns Gott befohlen, von ihm zu erbitten?

119. Wie lautet dieses Gebet

120. Warum hat uns Christus befohlen, Gott so anzureden: „Unser Vater“?

121. Warum wird hinzugefügt: „im Himmel“?

122. Was bedeutet die erste Bitte: „Geheiligt werde dein Name“?

123. Was bedeutet die zweite Bitte: „Dein Reich komme“?

124. Was bedeutet die dritte Bitte: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden“?

125. Was bedeutet die vierte Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

126. Was bedeutet die fünfte Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“?

127. Was bedeutet die sechste Bitte: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“?

128. Wie beschließt du dieses Gebet: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“?

129. Was bedeutet das Wort: „Amen“?

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Fragen 12 bis 15

Predigt von Pfarrer Stephan Schaar, Berlin

"Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?"

Frage 12

Wenn wir also nach dem gerechten Urteil Gottes schon jetzt und ewig Strafe verdient haben,
wie können wir dieser Strafe entgehen und wieder Gottes Gnade erlangen?

Gott will zu seinem Recht kommen,
darum müssen wir für unsere Schuld
entweder selbst 
oder durch einen anderen
vollkommen bezahlen. 

Frage 13

Können wir aber selbst für unsere Schuld bezahlen?

Nein,
sondern wir machen sogar
die Schuld noch täglich größer.

Frage 14

Kann aber irgendein Geschöpf für uns bezahlen?

Nein,
denn erstens will Gott
an keinem anderen Geschöpf strafen,
was der Mensch verschuldet hat. 
Zweitens kann kein Geschöpf
die Last des ewigen Zornes Gottes
gegen die Sünde ertragen
und andere davon erlösen. 

Frage 15

Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen?

Einen solchen, 
der ein wahrer und gerechter Mensch 
und doch stärker als alle Geschöpfe, 
also auch wahrer Gott ist. 
 

DIE LIEBE GOTTES, DIE GNADE UNSERES HERRN JESUS CHRISTUS UND DIE GEMEINSCHAFT DES HEILIGEN GEISTES SEI MIT UNS ALLEN! AMEN.

Liebe Schwestern und Brüder,
etwas reißerisch habe ich die heutige Auseinandersetzung mit dem Heidelberger Katechismus beworben mit den plakatierten Fragen
☞ Strafe muß sein - ist das wirklich so?
☞ Gnade vor Recht - haben wir das verdient?
☞ Wer ist eigentlich schuld?
☞ Und wer befreit davon?
Auch wenn es dort nüchterner formuliert ist: In den eben gehörten Fragen und Antworten aus dem Heidelberger Katechismus werden durchaus Antworten gegeben - einschließlich, und darauf legte damals insbesondere der pfälzische Kurfürst großen Wert, beigefügter biblischer Belegstellen, von denen wir die meisten ebenfalls gehört haben.
Im Jubiläumsjahr gibt es eine Fülle von Materialien, darunter auch Predigten und Meditationen, um die Theologie und Wirkungsgeschichte dieser reformatorischen Schrift erarbeiten und anderen erschließen zu können.
Unsere Fragen freilich fehlen in diesen Arbeiten, und das ist kein Zufall: Mit der Auswahl gerade jener Fragen, die am Beginn des zweiten Teils “Von des Menschen Erlösung” stehen, begeben wir uns auf ein Terrain, das heute von den allermeisten Theologinnen und Theologen kritisch gewürdigt wird.
Bei aller bleibenden Wertschätzung der Reformierten für die - zumindest im deutschsprachigen Raum - einzig allgemein als maßgeblich betrachtete Bekenntnisschrift der Reformationszeit, gibt es doch eine Reihe von mittlerweile als notwendig erachteten Interpretationen und Neubesinnungen - man schaue sich nur einmal ältere Ausgaben an und lese dort die Originalformulierung von Frage 80!
Wem dieser Text fremd ist, der mag sich an der als schlicht empfundenen Struktur von Frage und Antwort reiben, die uns konstruiert erscheint und den Anschein erweckt, man hielte den Fragenden für sehr unbedarft.
Auf der anderen Seite kennen die meisten - zumindest in Grundzügen - den Kleinen Katechimus Luthers und wissen, daß darin jene fünf Themenbereiche behandelt werden, die noch heute den Themenkanon des Konfirmandenunterrichts ausmachen: 10 Gebote, Glaubensbekenntnis, Vaterunser, Taufe und Abendmahl (eigentlich waren es mal sechs: die Beichte gehörte ursprünglich auch dazu).
Wer sich daraufhin den Heidelberger Katechismus ansieht, wird feststellen, daß keines der eben genannten Themen darin ausgelassen wird.
Und dennoch gibt es einige charakteristische Unterschiede - und die haben nicht nur damit zu tun, daß die deutsche Reformation einen Mann in den Mittelpunkt gestellt hat, der zweifellos Verdienstvolles geleistet hat und doch wohl selbst kaum gewollt hätte, daß eine Kirche seinen Namen trägt - geht es doch um die Kirche Jesu Christi.
Die Evangelischen, bei denen der Heidelberger Katechismus in Geltung steht, heißen, wenn man nicht “Calivinisten” sagen möchte (was für manche abschreckend klingt), ganz unmodern die “nach Gottes Wort reformierte Kirche” - und darin liegt bereits eine Akzentsetzung: So wird zum Ausdruck gebracht, daß Gott das erste und das letzte Wort hat, daß sich alles ihm verdankt.
Und obwohl wie ein CANTUS FIRMUS im Heidelberger Katechismus immer wieder gefragt wird: “Was nützt uns...?”, steht eben nicht der Mensch im Zentrum des Nachdenkens, auch nicht seine Erlösung, sondern alles läuft darauf hinaus, daß durch uns “Gottes heiliger Name ewig gepriesen werde”.
Unter der Nummer 807 sind einige der 129 Fragen und Antworten des Heidelberger Katechismus in unserem Gesangbuch zu finden - zwischen dem Kleinen Katechismus Luthers und Auszügen aus der Augsburgischen Konfession von 1530 stehen sie in unserer Unionskirche aus Lutheranern und Reformierten für jene andere protestantische Tradition, die im 16. Jahrhundert ebenso zum Teufel gewünscht wurde wie die Papisten - was jedoch auf Gegenseitigkeit beruhte.
Mittlerweile haben die Protestanten, vor allem unter dem Druck, den die Nazis auf die Evangelische Kirche ausübten, die Gemeinsamkeiten wiederentdeckt und sogar festgestellt, daß diese weit wichtiger und zahlreicher sind als die Unterschiede; in der sogenannten “Leuenberger Konkordie” wurden 1973 sogar gemeinsame Positionen in der Abendmahlsfrage formuliert.
Ja, manches, was früher einmal prägend war, wirkt heute überzogen - so zum Beispiel ein Biblizismus, wie wir ihn gegenwärtig nur noch in Freikirchen und Sekten antreffen. Ich kann Ihnen - als unterhaltsam und lehrreich zugleich - die Romane des niederländischen Schriftstellers Maarten t’Hart sehr empfehlen, der als Kind eines reformierten Grabmachers aufwuchs und mit rührender Komik vom Konfirmandenunterricht erzählt, bei dem selbstverständlich alle Fragen und Antworten des Heidelberger Katechismus auswendig gelernt werden mußten, oder vom zweimal sonntäglichen Gottesdienstbesuch, der für die Kinder derart langweilig war, daß man sich irgendwie zerstreuen wollte - was natürlich strengstens verboten war; aber wer die Bibel in weiten Teilen zitieren kann, der muß nur noch lernen, blind Schach zu spielen, um sich mit harmlos klingenden Codes wie “Genesis 1 - Habakuk 3" über den jeweiligen Schachzug des Springers von der Grundposition G1 eben nach H3 verständigen zu können, ohne daß die Eltern oder gar der Pastor deswegen Verdacht schöpfte.
Kommen wir nun aber endlich zu unseren Fragen nach Schuld, Strafe und Stellvertretung!
Der Katechismus ist thematisch dreigeteilt. Nach der programmatischen ersten Frage: “Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?” folgt der nur zehn Fragen umfassende erste Hauptteil: “Von des Menschen Elend”.
Im dritten Teil, von Frage 86 bis Frage 129, dreht sich alles um “des Menschen Dankbarkeit”, und dort werden zum Beispiel die zehn Gebote entfaltet und die christliche Ethik skizziert, die im Lobpreis des Vaterunsers ihren Schluß- und Höhepunkt findet.
Wie bereits erwähnt, beginnt mit Frage 12 der Mittelteil: “Von des Menschen Erlösung”.
Daß wir vor Gott strafwürdig seien, ist im ersten Teil bereits geklärt worden. Wie Luther auch, sagt der Heidelberger Katechismus, wir erkennten unser Elend aus dem Gesetz Gottes. Hier wird dann jedoch nicht der Dekalog bemüht, sondern das Doppelgebot der Liebe zitiert, um anschließend zu fragen (natürlich suggestiv zu fragen), ob wir denn all das, was das Gesetz fordert, vollkommen halten könnten - was selbstverständlich negiert wird. Vielmehr seien wir, belehrt uns Frage 5, “von Natur aus geneigt, Gott und den Nächsten zu hassen.”
Das liege jedoch nicht etwa daran, daß Gott den Menschen böse geschaffen habe - ganz im Gegenteil sind wir ja zu seinem Ebenbild gemacht -, sondern sei auf die “Ursünde” Adams und Evas zurückzuführen. Dadurch sei die menschliche Natur “vergiftet” worden, jedoch nicht durch und durch, so daß noch die Chance auf Rettung durch Wiedergeburt bestehe. Und obwohl Gott barmherzig sei, müsse Strafe für des Menschen Niedertracht eben doch sein.
Hier knüpft nun Frage 12 an und sucht nach einem Ausweg - nach der Gnade, die vor Recht ergeht. Die heute so theologisch nicht mehr nachzubuchstabierende Antwort des Katechismus basiert auf der mittelalterlichen Satisfaktionslehre, die auf Anselm von Canterbury zurückgeht, der in seiner Schrift “Cur Deus homo?” (Warum wurde Gott Mensch?) die Theorie entwickelte, die hier einmal mehr zur Entfaltung kommt: Jemand muß für unsere Schuld bezahlen, damit Gott zu seinem Recht kommt. Das können aber nicht wir selbst sein, denn wir sind ja zum einen diejenigen, die ihn beleidigt haben, und zum anderen gar nicht dazu in der Lage, aus eigener Kraft Genugtuung zu schaffen.
Der Versuch allein - so Frage 13 - mache alles nur noch schlimmer. Und - das schärft Frage 14 ein - auch kein anderes Geschöpf kommt dafür in Frage - wie auch? -, zumal es ja auch der Gerechtigkeit widerspräche, wenn Gott an einer anderen Kreatur strafte, was wir verbrochen haben.
Und so strebt Frage 15, als wäre es das Nächstliegende, auf den Gedanken zu, wir bedürften eines Mittlers, der - und das ist das Geniale daran - als wahrer Gott überhaupt jenen Rang und jene Möglichkeiten besitzt, gültig Genugtuung zu schaffen, andererseits jedoch auch wahrer Mensch ist, denn sonst bestünde ja keine wesenhafte Verbindung zwischen ihm und uns und wäre uns also nicht wirklich etwas nütze.
Liebe Geschwister, “was nützt uns”, möchte ich an dieser Stelle fragen, “was nützt uns Heutigen eine Theologie des Mittelalters, deren Denkvoraussetzungen wir nicht mehr teilen?”
Es ist leicht, Luthers Antijudaismus mitsamt seiner verheerenden Wirkungsgeschichte zu kritisieren. Aber auch dem Heidelberger Katechismus fehlt eine inklusive Sichtweise auf das Volk des Ersten Bundes, wie wir sie uns nach der Katastrophe der Shoa im Dialog mit dem Judentum erarbeitet haben.
Wenn Christus die allumfassende Antwort Gottes auf die Verlorenheit aller Menschen sein soll, dann müssen logischerweise ausnahmslos alle dem Verderben preisgegeben sein. Als Grund dafür wird in der Theologiegeschichte - teilweise bis in die Gegenwart - das Konstrukt der “Erbsünde” bemüht.
Dazu werden biblische Aussagen in ein System gepreßt, das oft genug der eigenen Erzählabsicht der Texte zuwider läuft. Gewichtungen werden vorgenommen, wo in der Heiligen Schrift selbst keine zu erkennen sind, wenn man dem Erzählduktus folgt.
Das alles, um eine Logik zu bedienen, die in rechtlichen Kategorien denkt: Strafe muß sein - und so konzentriert sich christliche Theologie in einem Maße auf das Kreuzesgeschehen, das nicht nur die Fülle der biblischen Botschaft bis zur Unkenntlichkeit verkürzt, sondern - und das ist keine Nebensächlichkeit - auch das Verhältnis zu unseren jüdischen Geschwistern so vergiftet, daß sich eigentlich niemand darüber aufregen dürfte, daß Papst Benedikt XVI. die Wiedereinführung der Karfreitagsbitte gestattet hat: „Lasset uns auch beten für die treulosen Juden, daß Gott, unser Herr, wegnehme den Schleier von ihren Herzen, auf daß auch sie erkennen unsern Herrn Jesus Christus.“
Sie fragen sich jetzt vielleicht: Und warum sollen wir dann überhaupt heute noch reformatorische Schriften lesen und diskutieren - seien sie nun von Luther oder Ursinus, dem Verfasser des Heidelberger Katechismus?
Nun, ich denke: Das Vorhandensein von aus heutiger Sicht problematischen Aspekten bedeutet noch lange nicht das Ende jeder Relevanz - und es gibt gewiß viel Gutes und Wertvolles zu entdecken, sei es bei gelegentlicher eigener Lektüre, sei es in einem Gottesdienst zu anderen Fragen des Heidelberger Katechismus. Ich betrachte das Vermächtnis unserer Väter - in diesem Falle genügt die männliche Form - als eine Art Brille, die zwar gründlich geputzt werden muß, uns aber immer noch helfen kann, die Botschaft der Bibel in den Blick zu bekommen.
Man muß sich jedoch von bestimmten Denkkorsetten frei machen- zu allererst von dem juristischen Blickwinkel auf das Verhältnis zwischen Gott und Mensch.
Dann stellt sich die Frage nach Schuld und Vergebung nämlich ganz anders: Statt eines beleidigten und auf die Wiederherstellung seiner Ehre bedachten Herrschers haben wir dann einen liebenden Vater vor Augen, der seinen Kindern ein Maß an Freiheit geschenkt hat, mit dem sie nicht zurecht kommen.
Ob das ein “Erbe” der ursprünglich gut geschaffenen, durch die einmalige Grenzverletzung Adams jedoch ein für allemal verdorbenen Menschen sei, ist reine Spekulation.
Verdienen wir Strafe für etwas, das sozusagen in unseren Genen liegt? - Schon die Frage klingt absurd!
Aber wenn wir anders formulieren und wissen wollen, ob ein liebender Vater sehenden Auges und ohne einzuschreiten hinnehmen kann, daß seine Kinder sich verirren und ihr Leben aufs Spiel setzen, dann ist es schon aus pädagogischen Gründen nicht von der Hand zu weisen, daß man dem Einhalt gebieten muß.
Strafe muß nicht sein, sondern Orientierung. Dafür gibt es die Weg-Weisung Gottes - hebräisch: Thora; wir meinen zumeist, wenn wir davon sprechen, die 10 Gebote.
Die Gnade Gottes zeigt sich schon im Schöpfungsakt, in der Würdigung des Menschen, die Erde zu bebauen und zu bewahren.
Die Gnade Gottes ist am Werk, wenn er uns seinen Willen mitteilt und darauf achtet, daß wir den Weg des Lebens gehen, indem er Zäune errichtet, die vor dem Abgrund schützen.
Durch und durch ergeht Gnade vor Recht: Denn als unser Schöpfer hat Gott sowieso alles Recht, zu tun und zu lassen, was er will, aber auch zu fordern und zu verzichten, wie es ihm gefällt.
Das alles haben wir nicht verdient - um Himmels willen! Aber eben auch keine Strafe für ein Unvermögen oder für Taten, die wir nicht selbst vollbracht haben.
Und doch ist da der unendliche Unterschied zwischen Gott und Mensch, ist da unsere unablässige Selbstbezogenheit, die uns daran hindert, eine Beziehung mit Gott zu unterhalten, wie sie unter Bündnispartnern angemessen wäre.
Aus dieser Sackgasse, aus dieser Beziehungsunfähigkeit holt uns Gott in Christus heraus, indem er als Mensch zu uns kommt und doch zugleich wahrer Gott bleibt. Das ist es, was wir an Weihnachten gefeiert haben und jeden Tag guten Grund haben zu bejubeln.
Die Frohe Botschaft, liebe Schwestern und Brüder, die ich nur wiederholen kann, lautet: Es ist die Liebe Gottes, die seine Menschen nicht sich selbst überläßt.
Unsere Befreiung ist Gottes Hinneigung zu seinem Volk in seinem Schrift gewordenen Wort - und zu uns, die wir außerhalb seines Bundes standen, in seinem menschgewordenen Wort, seinem Sohn, unserm Herrn.
Wir brauchen dazu nur noch “Ja” zu sagen.
(AMEN.)
 

Predigt gehalten am 17. Februar 2013 in der Kirche auf dem Tempelhofer Feld der Ev. Paulus Kirchengemeinde Berlin-Tempelhof.